Ursula Reuter-Mayring Livres




Giuseppe Baretti hat in der deutschsprachigen Literaturwissenschaft kaum Beachtung erfahren. Aus italianistischer Perspektive werden nun die Produktionsbedingungen seiner Arbeit in Italien und England entlang seiner Biographie beleuchtet, der Autor und sein umfangreiches, heterogenes Werk in den jeweils wirkenden kulturellen Kontexten des 18. Jahrhunderts verortet und die Forschungslage zu Baretti zusammenschauend kommentiert. Durch den Blick auf Barettis Literaturkritik wird das Genre als eigene Art der Reflexion und Kommunikation von Literatur samt ihrer Protagonisten am Beginn seines Entstehens sichtbar. Narratologisch und rezeptionsästhetisch orientierte Analysen zeigen, wie Barettis Äußerungen im zeitgenössischen Diskurs verankert sind, welche eigenen ästhetischen Forderungen er daraus ableitete und mit welchen literarischen Strategien er sie als Autor verwirklichte. Der Verzicht auf die Einordnung in das tradierte Schema von ‚aufgeklärter‘ vs. ‚romantischer‘ Ästhetik eröffnet eine neue und andere Sicht auf Baretti: die einer in den komplexen Paradigmen der Aufklärung enthaltenen und aus ihr heraus entwickelten Modernität seiner Literaturkritik. Seine Texte demonstrieren Frische und sprachliche Virtuosität, die zu neuen Lektüren einladen.
Lebenswege und Jahrhundertgeschichten
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Seit Beginn der 1990er Jahre haben über 200.000 Menschen jüdischer Herkunft die frühere Sowjetunion verlassen, um nach Deutschland einzuwandern. Zehntausende kamen nach Nordrhein-Westfalen und haben dort die jüdischen Gemeinden auf unverhoffte Weise belebt. Vor allem die älteren jüdischen Zuwanderer brachten vielfältige Erinnerungen und historische Erfahrungen mit nach Deutschland. Sie waren im sowjetischen Regime aufgewachsen, haben unter dem Stalinismus gelitten – und den Krieg und nationalsozialistischen Völkermord mit Glück überlebt. Im vorliegenden Buch erzählen 40 dieser Menschen aus ihrem Leben, von den Zeiten nach der Russischen Revolution bis zu den Erfahrungen in Deutschland heute. Ihre Lebensgeschichten stellen einen wichtigen Beitrag dar, nicht nur zur jüdischen Geschichte, sondern zur Geschichte eines ganzen Jahrhunderts.
Als Paul Singer 1911 in Berlin starb, begleiteten Hunderttausende den Sarg eines Mannes, der über zwei Jahrzehnte einer der beiden Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gewesen war, bei unzähligen Parteitagen präsidiert und als Vorsitzender der Reichstagsfraktion die praktische Parlamentspolitik maßgeblich mitbestimmt hatte. Auf einer breiten Quellenbasis und vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen des Kaiserreichs werden hier erstmals alle Aspekte von Singers öffentlichem Wirken vorgestellt. Mit einer Fülle neuer Forschungsergebnisse gelingt es der Autorin, die Lebensgeschichte dieses Mannes im Zentrum der Partei zu rekonstruieren und „das Bild jener Umbruchszeit, in der Singer lebte, zu beleuchten und zu ergänzen“ (Susanne Miller).