Eine bislang wenig beachtete Facette der Emder Johannes a Lasco Bibliothek sind die in ihrem Bestand befindlichen mathematisch-naturwissenschaftlichen Werke: Sie gehörten in der Frühen Neuzeit viel selbstverständlicher zu einer universal ausgerichteten Theologenbibliothek, als dies in späteren Jahrhunderten der Fall war. Vielfach um die neuen Erkenntnisse von Nikolaus Kopernikus kreisend, dokumentieren sie einen Wandel im Denken der Menschen, der tiefgreifende Auswirkungen auf die religiöse Deutung der Welt und das Verständnis der Bibel hatte. Doch die Ergebnisse mathematisch-astronomischer Forschung hatten nicht nur weltanschauliche Folgen. Von der Landvermessung, der exakten Kartographie, der Navigation, dem Kalenderwesen bis hin zu Vorstellungen einer musikalischen Harmonie revolutionierten sie alle Bereiche des menschlichen Lebens.
Kęstutis Daugirdas Livres


Die Anfänge des Sozinianismus
Genese und Eindringen des historisch-ethischen Religionsmodells in den universitären Diskurs der Evangelischen in Europa
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Die bis zu ihrer Ausweisung im Jahr 1658 in Polen-Litauen beheimateten Sozinianer stellten eine transnational zusammengesetzte religiöse Minderheit protestantischer Herkunft dar, der es trotz der geringen Zahl ihrer Mitglieder gelang, eine bedeutende ideengeschichtliche Wirkung in Europa zu entfalten. Obwohl sie nur ca. ein Prozent der polnisch-litauischen Bevölkerung ausmachten, verfügten die Sozinianer in der Zeit von 1602 bis 1638 über ein akademisches Gymnasium und eine Druckerei in Raków, die für die Kultivierung und Verbreitung eines neuartigen Religionsmodells sorgten: Sozinianer gingen von der geschichtlichen Wandlung der religiös-sittlichen Normen im Sinne eines Perfektibilitätsprozesses aus, wobei sie, im Unterschied zu den etablierten Konfessionen, die subjektive Vernunft des Einzelnen zur letztgültigen Entscheidungsinstanz in religiösen Fragen erhoben. Dieses die Pluralität des Christentums prinzipiell bejahende, mit historisierend-philologischer Bibelexegese unterfütterte historisch-ethische Religionsmodell wurde zum Gegenstand zahlreicher Vorlesungen und Disputationen und wirkte vorbereitend auf das Aufkommen der europäischen Aufklärungstheologie. Die vorliegende Studie verfolgt jene Prozesse von ihren Ursprüngen im Denken Fausto Sozzinis an. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Ausgestaltung des historisch-ethischen Religionsmodells durch die Vertreter des Frühsozinianismus und seiner diskursiven Verarbeitung an den protestantischen Universitäten im Alten Reich und in den Niederlanden.