Diese Studie untersucht den Einfluss der anglo-sächsischen Kirchen und ihrer ökumenischen Konzile auf die ökumenische Bewegung in Deutschland von der Revolution 1848 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Sie beleuchtet die Rolle der international verbundenen Freikirchen in verschiedenen politischen Systemen und deren Beitrag zur ökumenischen Bewegung.
Für die meisten Freikirchen ist die Zeit von 1933 bis 1945 ein Kapitel, dass sie lieber verdrängen würden. Es gab Schuldigwerden und Versagen. Wie sind die Freikirchenleitungen mit diesem Erbe nach 1945 umgegangen? Karl Heinz Voigt gibt einen kurzen Überblick über die sehr unterschiedlichen Abläufe bei Baptisten und Methodisten, der Evangelischen Gemeinschaft und dem Bund Freier evangelischer Gemeinden, bei der Herrnhuter Brüdergemeine und den Mennoniten und schließlich den täuferischen Brüdergemeinden und den Siebenten-Tags-Adventisten. Dabei wird auch die Rolle der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) und die Beziehungen zur Evangelischen Allianz aufgegriffen. In einem Anhang werden erstmals Erklärungen, Stellungnahmen und Briefe zugänglich, die bisher neben der „Stuttgarter Erklärung“ noch gar nicht ins Blickfeld getreten waren. Sie umfassen einen weiten Spannungsbogen von 1945 bis zur neuerlichen gemeinsamen Erklärung deutscher und österreichischer Siebenten-Tags-Adventisten von 2005. Sechzig Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus wird diese Studie helfen, den seit 1945 vollzogenen ökumenischen Aufbruch auch für die Betrachtung der Geschichte zu aktivieren.
Der Band schließt eine empfindliche Lücke in der Darstellung protestantischer Kirchengeschichte in Deutschland. Durch die Ökumenische Bewegung ist eine Neubewertung der Freikirchen eingeleitet worden. Sie hat bisher allerdings mehr bei Ökumenikern, Kirchenleitungen und ökumenisch engagierten Gemeindegliedern als im Bereich der wissenschaftlichen Forschung Beachtung gefunden. Eine Aufarbeitung und ökumenische Interpretation der Geschichte von Minderheitenkirchen in Deutschland wird hier unter Berücksichtigung ihrer Geschichte, ihrer unterschiedlichen theologischen Akzente, ihrer jeweiligen Struktur und ihrer typischen Frömmigkeitsmerkmale kenntnisreich entfaltet. Dabei werden die Unterschiede der Freikirchen herausgearbeitet, gleichzeitig wird die Bedeutung gemeinsamer Minderheitenerfahrungen erörtert. Die in der wechselvollen deutschen Geschichte der letzten zweihundert Jahre unterschiedlichen Beziehungen zu Staat und Landeskirchen werden kritisch bedacht. Das Buch ist die erste Geschichte der Freikirchen, die in Deutschland erscheint.