Die wahre Wahrheit über die Bodenreform ist keine herkömmliche Geschichtsdarstellung, sondern eine tiefgehende Analyse des historischen Alltags und der Unfähigkeit der Autorin, aktiv daran teilzunehmen. Dieses Unvermögen führt zu einem Werk, das die erkenntnistheoretische Schwierigkeit der Erfassung historischer Realität anhand eines konkreten Beispiels verdeutlicht. Küppers verfolgt eine beobachtende Herangehensweise und lässt sich von Fragen leiten, die aus der Analyse der Geschichtsschreibungspraxis entstehen. Sie sucht in der Theorie nach Antworten und wird durch deren praktische Überprüfung wieder zur Theorie zurückgeführt. So entsteht eine abwechslungsreiche Studie, in der konkrete Erzählungen der Varianzen zur Bodenreform mit geschichtstheoretischen Kapiteln abwechseln. Küppers fasst in den Kapiteln zur Geschichtsschreibungspraxis die verschiedenen Bodenreformvarianten zusammen, ordnet sie nach dreißig Einzelerzählenden und untersucht experimentell die Geschichten eines unprofessionellen Erzählers. Eine detaillierte Analyse der Erzählungen eines professionellen Historikers erfordert Geduld, führt jedoch zu der Erkenntnis, dass es die Geschichte der Bodenreform nicht gibt, obwohl sie erzählt werden kann. Diese Einsicht ist theoretisch fundiert, wodurch das Werk auch eine Geschichte der Geschichtstheorie bietet.
Julia Küppers Livres
