Alice Rühle-Gerstel Livres
- Barbara Felix






Die Kommunistin Hanna verlässt Berlin auf der Flucht vor den Nationalsozialisten. In ihrer Heimatstadt Prag findet sie illegale Arbeit bei einer liberalen deutschsprachigen Zeitung und verliebt sich ausgerechnet in den Chefredakteur des politisch konträren Blattes. Im Mittelpunkt von Alice Rühle-Gerstels Roman stehen die Umbrüche im Leben einer jungen Frau zwischen politischen und gesellschaftlichen Fronten, wobei ihre politischen Überzeugungen ins Wanken geraten. „Der Umbruch“ von 1937/38 wurde erstmals 1984 postum aus dem Nachlass veröffentlicht. Alice Rühle-Gerstel entlässt ihre Protagonistin Hanna hier in Lebensbereiche, die auch ihr gut vertraut waren. Lebendig wird die Arbeit in einer Zeitungsredaktion beschrieben, die aufgeladene Atmosphäre politischer Versammlungen und natürlich die langen Stunden in berühmten und namenlosen Kaffeehäusern, so dass „Der Umbruch“ auch und vor allem eine Liebeserklärung an die „goldene Stadt“ Prag ist. Reich bebildert, mit historischen Postkarten und einem Stadtplan liebevoll ausgestattet und mit einem kundigen Nachwort von Marta Marková versehen.
Freud und Adler
Elementare Einführung in Psychoanalyse und Individualpsychologie
Als Repräsentanten einer Wendezeit nicht nur in der Wissenschaft sind die Lehren Freuds und Adlers hier in elementarster Weise dargestellt worden. Der tiefe Unterschied, in einer Gegenüberstellung der Theorie, der Praxis und der Weltanschauung beider Forscher klargelegt, läßt sich in einer Verschiedenheit der Grundrichtung symptomatisch erkennen. Freud steht mit dem Gesicht in die Vergangenheit gewendet, während Adlers Blick schon die Zukunft umfaßt. Beide haben in eminenter Weise zur theoretischen Erforschung und praktischen Erweiterung des menschlichen Bewußtseins beigetragen und sind aus einer Geschichte des menschlichen Geistes nicht wegzudenken. Das allein ist schon Verpflichtung genug, ihnen wenigstens so viel Interesse entgegenzubringen, als die Lektüre dieser kleinen Schrift erheischt. Von dieser historischen Einstellung abgesehen, die Freud wie Adler gleichmäßig werten muß, bietet die Individualpsychologie vom praktischen Gesichtspunkte wohl die besseren Möglichkeiten, Erziehung, Menschenkenntnis, Arbeit, ja die gesamte Kultur mit neuen Augen anzusehen und mit neuem Geiste zu durchdringen. Die menschliche Psyche ist ein Organ der Sicherung und Orientierung. Erst zufolge kultureller Irrtümer hat sie sich im Denken um des Denkens willen verselbständigt. Sieht man die Psychoanalyse an als letzten Ausläufer einer jahrtausendealten Tendenz, die Erkenntnis des Lebens über die Gestaltung des Lebens zu stellen, so erscheint im Gegensatz hierzu die Individualpsychologie als eine Wendung wieder hin zur ursprünglichen Funktion des Geistes: wie dieser in der ersten Epoche menschlicher Entwicklung will sie in unserer komplizierten und entgleisten Zeit Führer sein durch das Labyrinth des Daseins. [Auszug aus dem Text]