Die vorliegende Studie fragt nach Aufeinandertreffen und Beziehungen zwischen der sorbischen Bevölkerung der Lausitz und den zahlreichen böhmischen und oberungarischen Exulanten. In Blick genommen werden dabei Kontakträume wie Familie, Erwerbstätigkeit und Kirche sowie im Speziellen die Herrnhuter Brüdergemeine. Besonderes Augenmerk gilt zentralen Akteuren wie dem tschechisch-sorbisch-deutschen Geistlichen Georg Petermann, die als Beziehungsgeneratoren wirkten. So baute Petermann um 1740 in Klix ein Seminar für den sorbischen geistlichen Nachwuchs auf und sammelte eine kleine böhmische Gemeinde um sich. Einige Jahre später setzte er sich im niederlausitzischen Vetschau für den Druck eines ersten niedersorbischen Gesangbuches ein. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die sorbisch-tschechischen Kontakte innerhalb der Brüdergemeine. Da hier ein Mangel an sorbischen wie tschechischen Verantwortungsträgern herrschte, versuchte man, Synergien in der Seelsorge und Gemeindearbeit zu nutzen. Diese vielfältigen Austausch- und Transferprozesse beruhen auf der sprachlichen Nähe zwischen Lausitzer Sorben und tschechischsprachigen Exulanten. Doch blieb es häufig nicht allein beim sprachlichen Vergleich, vielmehr werden im Rahmen dieser Studie zahlreiche kulturelle, zunehmend auch nationale Verortungen von Sorben und Tschechen in der Frühen Neuzeit greifbar.
Lubina Malinkowa Livres


Der Oberamtshauptmann der Oberlausitz Reichsgraf Friedrich Caspar von Gersdorf (1699─1751) prägte als zentraler politischer Akteur und engagierter Pietist die Geschicke der Region in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Lubina Mahling rückt in vorliegender Arbeit diese Persönlichkeit in den Fokus ihrer Betrachtungen. Friedrich Caspar von Gersdorf ermöglichte nicht nur den Aufbau und das Bestehen der Herrnhuter Brüdergemeine, sondern bemühte sich auch um die pietistische Erweckung unter den Sorben. Zu seinen wichtigsten Unternehmungen zählt das 1737 nach dem Vorbild der Francke’schen Bildungseinrichtungen in Halle gegründete Klixer Seminar und deren Nachfolgeeinrichtung, die Uhyster Anstalten. Hier lernten Theologiestudenten Sorbisch, um später ein Pfarramt in der Lausitz zu übernehmen. Auch Lehrer für das sorbische Elementarschulwesen wurden hier ausgebildet. Lubina Mahling füllt mit ihrer Dissertation eine beträchtliche Forschungslücke der deutschen und sorbischen Geschichte. Schließlich trug Gersdorf mit seinem umfassenden Werk wesentlich zur Alphabetisierung der sorbischen Bevölkerung und zur Modernisierung der sorbischen Gesellschaft bei.