Die Sammlung beginnt mit Ruodliebs Neffe, gefolgt von Geschichten, die die Herausforderungen und Rechte von Frauen über Jahrhunderte thematisieren. Von der Gräfin, die um ihre Ehre kämpft, bis hin zu modernen Frauen, die ihr Leben und ihre Liebe in einer sich verändernden Welt navigieren. Ein Blick auf die Zukunft, in der Kriege geplant werden.
Liborius Zeck Livres



Liborius Zeck wird von der Redaktion des BRUCKER ANZEIGERS nach Attenhofen geschickt. Er soll über die dort in Szene gesetzte »Dorftragödie mit Happy end« berichten, über den KÖNIG JAKOB. Den Berichterstatter verwirrt, dass die einheimischen Schauspieler nicht mehr unterscheiden wollen (oder können?) zwischen dem Alltagsleben und ihrer Rolle auf der Bühne. Der Pfarrer, dem seine Bühnenverruchtheit behagt und dem nichts verhasster ist, als eine Woche lang den gesitteten geistlichen Herrn spielen zu müssen, bekennt: ›Gelegentlich werde ich unterwegs von Gästen der Brandstiftung oder des Totschlags bezichtigt. Für mich ist dies ein allerhöchstes Lob aus allerunschuldigstem Munde.‹ Liborius Zeck kämpft sich wacker durch den Attenhofer Theater- und Dorfdschungel. Fleißig arbeitet er an seinem Bericht, in den sich freilich immer öfter der Name Anni drängt. Sie trägt erheblich zur Verwirrung des Berichterstatters bei, der im Dorf Attenhofen höchstens zehn Tage bleiben wollte.
Den Reigen eröffnet Ruodliebs Neffe heiratet. Das ist eine tausend Jahre alte, anmutige Story, in der ein Mädchen sich vor der Hochzeit beherzt seiner Frau-Rechte versichert. Fünfhundert Jahre jünger ist Die gerettete Ehre. Frau Gräfin wird gewaltsam ihres Blümchens beraubt, energische Aktivitäten bewahren sie vor Brandmarkung. Der bremischen Gesina ist das Morden teuer, sie bezahlt es mit ihrem Leben. Ins 20. Jahrhundert führt So ein Erschauern. Dienstbeflissene Weiblichkeit evoziert Bemerkungen eines 1947 gehenkten Herrenmenschen. Die Gegenwart ist erreicht mit der Witwe, die, Kein Sommer ist hinüber, mit einem ihr Liebenswerten übereinkommt. Wie Liebende in ihrem Übermut liegen, das erfährt die Handschuhverkäuferin von einem Kunden. Höhenluft auf freier Wildbahn atmet eine junge, kühne Frau in Eschenlohe, wie vereinbart. Ihr begegnet einer, der vom Tod einer Frau auf freier Wildbahn erzählt. Tiefsinnig erwägt der professeur, ob er dem Lockruf einer vor 25 Jahren von ihm mignonne créature genannten Schülerin folgen soll. Damals hätte er sie gerne süßes Luder geheißen, heute betreibt sie ein Lokal Nähe Venusberg. Der Tag ist voll – ein Blick in die Zukunft. Kriege brechen nicht mehr aus, sie werden sorgfältig geplant, dem eigenen Land wird das gleiche Zerstörungspotential verordnet wie dem feindlichen. In Rio de Janeiro wird eine Agenturmeldung, getreu dem Thema dieser Frau-Geschichten, in ihr Gegenteil verkehrt.