In Marlies Blauths Gedichten wehen Momente des Abschieds, die winzige Ereignisse und Eindrücke lebendig werden lassen. Als Synästhetin schafft sie poetische Grafiken und malerische Lyrik, die das Leben als freies Ornament darstellen, mit zarten und zärtlichen Bildern.
Marlies Blauth Livres




Bilder aus Kohlenstaub
Gedichte und Zeichnungen
Dornröschenhaus
Gedichte
Marlies Blauths Gedichten wohnt ein Zauber inne: Wortschöpfungen und ungeahnte sprachliche Verknüpfungen fügen sich – losgelöst von Satzbau und Rechtschreibfesseln – zu poetischen Räumen, in die man fast magisch hineingezogen wird. Und das, obwohl die Lyrik nicht in klassischem Sinne gefällig ist, sondern auf den ersten Blick manchmal eher verrätselt wirkt, bildgewaltig, vielschichtig – fast wie ein expressives Gemälde. In diesen Sprachbildern zeigen sich Momentaufnahmen, oft ganz alltäglicher Situationen, die eine so messerscharfe wie liebevolle Beobachtung erkennen lassen – Straßen, Stadtteile, in deren Schäbigkeit sich Zuwanderer ein Stückchen Heimat schaffen, die schmerzhafte Erfahrung, wie sich Freunde auseinanderleben können, das Wahrnehmen der eigenen Vergänglichkeit, aber auch die Freude an Kinderlachen, an Naturerlebnissen, der Wunsch nach Nähe, nach einem Gegenüber, das den eigenen Panzer durchbricht.
Vom Zauber des Unfasslichen Durch das weite Gelände zeitgenössischer Lyrik, in der alles möglich ist zwischen der großen Form und dem kleinen Stück, hat Marlies Blauth ihren Weg gefunden. Die Begabungen der Lyrikerin und der bildenden Künstlerin vereint Marlies Blauth in dieser Veröffentlichung. Während ihre Gedichte gerade aus der konkreten Visualisierung ihre besondere Charakteristik beziehen, sind ihre Zeichnungen mit Pinsel und Kohlestaub auf Leinwand von abstrahierenden Verläufen geprägt, die die Gedanken der Texte frei umspielen: Landschaften, die sich zwischen Himmel und Erde auflösen und Blüten, deren fallende Blätter in Metamorphosen übergehen. Die Texte sind in drei Partien zusammengefasst, die den Haupttitel thematisch aufgliedern und zyklische Strukturen aufweisen, mit denen Motive angespielt und verfolgt werden. Das Leitgedicht des ersten Teils 'ruhrgebietsstadt' schlägt das Thema an: Impressionen aus der Heimat der Autorin. Die verborgenen Schätze einer auf den ersten Blick abstoßenden Stadt im Bergbaurevier sind metaphorisch verlockend eingekleidet: 'mein Gold ist noch immer in Kohlepapier verpackt'. Doch nicht immer ist die Wiederentdeckung angenehm, und die durchgehenden Enjambements in 'man könnte sagen' übertragen den Bruch mit den Erwartungen: Es ist nicht mehr, wie es war. Als Leser muss man sich zwischen den Zeilen ebenso zurechtfinden, wie das lyrische Wir sich in einer Stadt verortet, in der die persönlichen Koordinaten nicht mehr gültig sind. Das Gewesene und das Gegenwärtige werden ineinander verwoben und stellen die Frage nach dem Verrinnen der Zeit. (Aus den Nachworten von Jutta Höfel)