Diese Lyrik lädt dazu ein, sich intensiv mit ihr auseinanderzusetzen. Sie ist nicht nur zum gelegentlichen Lesen gedacht, sondern zum Nachdenken, Träumen und Verweilen.
Clemens Schittko Livres






Artaud ist tot
Gedichte
Clemens Schittko sortiert unermüdlich die Sprache und gibt Marx’ Idee eine neue Dimension. Durch Wiederholung und Variation offenbart er die verborgene Bedeutung von Phrasen und bringt deren groteske Komik ans Licht. Seine Tiraden erzeugen ein anarchisches Lachen, das der Welt provokant entgegengestreckt wird.
Ein Gedicht kann in allem stecken: in Computerfehlermeldungen, in Schlagzeilen der Yellow-Press, in Nekrologen ebenso wie in der Bundesligatabelle oder auch in standardisierten Antwortschreiben von Preiskomitees und Verlagen. Der Autor Clemens Schittko ist jemand, der Gedichte eher findet als erfindet. Seine listenartigen Textgebilde zeigen uns in analoger Form die Absurditäten der digi- talen Welt, die einer zunehmend absurden realen Welt entspringen, ja selbst Teil davon sind. Schittkos poetische Verfahren der Kumu- lierung verweisen auf heutige Produktions- und Kontroll-Hyper- trophie. In der monomanischen Zurschaustellung sprachlicher Fundstücke werden die Perfidien massenmedialen Bewusstseins- schwindels offenbar. Dem spätkapitalistischen Blues stellt Schittko melancholisch getönte Anti-Gedichte über Liebesleid und Tod zur Seite: wahre Kleinode von Selbstironie und stilistischem Under- statement. Clemens Schittkos poetischer Konzeptualismus gehört zu den originellsten Beiträgen deutschsprachiger Lyrik heute.
Band XV der Verstreuten Gedichte ist da: »der Aufstand kommt so oder so« von Clemens Schittko. Direkt, respektlos und ohne Vorwarnung durch- und überschreitet Clemens Schittko sämtliche Komfortzonen, um dem Leser unbequem auf den Füßen rumzustehen und ihm zu nahe zu treten. Unermüdlich legt er den mit Salz bedeckten Finger wieder und wieder und wieder und wieder in die weit offenen gesellschaftlichen Wunden.
ich kann es nicht mehr hören ich kann es nicht mehr sehen ich ertrage es nicht länger ich halte es nicht mehr aus ich nehme es nicht länger hin es ist genug es reicht jetzt Clemens Schittko liefert mit seinen Texten den Gegenentwurf zur rosaroten Mainstream-Lyrik. Seine Texte sind ironisch, eindringlich und unmissverständlich. Er schreibt geradeheraus, treffsicher und unkonventionell.
Clemens Schittkos Texte verzichten auf jede Gefälligkeit. Viele davon erscheinen als Listen, aber im Seriellen dekliniert sich keine weitere Variante eines Formalismus, der uns das Schöne als neue Arithmetik mit Worten vorführt. Schittko versucht jenes Einfache, das schwer zu machen ist (Brecht), mit den Verfahren einer oft genug sich selbst umspielenden avancierten Literatur, er entwendet ihre betriebseigenen Mittel für Konfrontationen mit einem Realen, das seine Beobachter konstituiert. Schittkos Texte sind nicht nur Bestandsaufnahmen dessen, was noch beschreibbar ist, sondern zugleich auch der beschädigten Positionen der Schreibenden. Der Autor verzichtet aufs Ornament, zählt uns auf, was wir erfahren werden, und durchbricht gerade so ein paar Hierarchien im Ordnen der Dinge. Seine Texte gehen nicht auf wie die Gleichungen einer sich hinter Grundrechenarten verbergenden Poesie, es bleiben immer auch Ungereimtheiten. Es ist diese Beiläufigkeit im Umgang mit den Verfahren, die Schittkos Texte so kompromisslos machen.