Hans Peschel erinnert sich an seine Kindheit: Die vorliegende Erzählung beschreibt die letzten Tage des Kindseins. Der Versuch, die unbeschwerte Unbeküm-mertheit zu bewahren wird mehr und mehr von des Auswüchsen des Naziregimes und den Folgen des Krieges überschattet. Eine Clique von zehn- und elfjährigen Jungs erlebt die Jahre 1940/41 in der Gegend um Münster. Alte Spiele und Gewohnheiten müssen neuen Realitäten weichen; so wird der Badesee wegen einem Kriegsgefangenenlager eingezäunt, Lebensmittel und Kohle werden rationiert, in der Schule erzählt der Lehrer plötzlich, welche Gefahr die Juden darstellen. Ohne die Hintergründe zu verstehen, wenden die Knaben sich spontan gegen diese neue Ideologie, denn einer der ihren ist ein Jude — oder Halbjude oder Vierteljude. darauf kommt es gar nicht an. Die üblichen Reibereien zwischen 'verfeindeten Jugendbanden' werden nun politisch gefärbt, aus harmlosen Streichen werden plötzlich staatsfeindliche Aktivitäten und im Bekanntenkreis mehren sich die Frontopfer. In dieser autobiographisch eingefärbten Geschichte zeigt der Autor uns ein Stück Alltag aus den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts und erinnert uns an so wichtige Dinge wie Zivilcourage, Mitgefühl und Loyalität, selbst wenn man sich dabei in Gefahr bringt.
Hans Peschel Livres


Dem Maximilianum sagte man nach, es sei eine Art Vorzeigeschule, was immer man darunter auch verstehen mochte. Dabei war das Maximilianum das einzige Gymnasium der Stadt. Das sollte also ab jetzt Tobias’ neue Schule sein. Der Vater hatte als Schreiner einen Betrieb übernehmen können, dessen Besitzer keine Nachkommen hatte. Also war die Familie hierher in die fremde Stadt gezogen. Tobias hatte an der alten Schule gehangen. Dort hatten Kinder von einfachen Handwerkern neben Doktorenkindern gesessen, welche, deren Eltern in Mietshäusern wohnten zusammen mit denen, die eigene Häuser besaßen, und alle hatten sich verstanden. Wer neu in die Schule kam, wurde behandelt, als wäre er schon immer da. Im Maximilianum war das vollkommen anders. Tobias sollte es bald zu spüren bekommen. Die meisten Maximilianer fühlten sich nicht als etwas Besonderes. Doch ein kleiner Kreis Selbstgefälliger in Tobias’ neuer Klasse bestimmte, wer sich echter Maximilianer nennen durfte und wer nicht. Jeder, der von außen in die Gemeinschaft eindrang, wurde als Fremdkörper angesehen. Tobias war so ein Fremdkörper.