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Nils Trede

    10 mai 1966
    Das versteinerte Leben
    Richtung Süden
    • Dieses Romandebüt in deutscher Sprache kommt einem Coup gleich! Sprachliche Erregung, nicht etwa, weil die Nerven angegriffen werden, sondern gesellschaftliche Zustände, die der namenlose Erzähler als Signale einer bedrohlichen Zukunft liest. Die Zeitdiagnose, die er aus den Beobachtungen seines Umfelds zieht, ist radikal. Im Zentrum seiner Kritik steht der öffentliche wie private Gebrauch der Sie bezeichnet nicht mehr, was ist, sondern redet die Wirklichkeit schön. Das Mittelmeer Einst Symbol für die Schönheit einer über der blauen See sanft untergehenden Sonne, ist es zum kalten Friedhof ungezählter Menschen geworden, die nur eines überleben. Der, der hier spricht, kann und will die beiden Bilder nicht in eins bringen und über die zum Himmel schreiende Diskrepanz zwischen Illusion und Wirklichkeit nicht einfach hinwegblicken. Und die namenlose Stadt, in der er lebt, gleicht inzwischen in derart vielen Punkten allen anderen Kleinstädten, dass die Wiederholung des zum wiederholten Male Gesehenen schlicht unerträglich dumm wirkt. Was tun? Was vor allem tun, wenn einem plötzlich, wie aus dem Nichts, eine Pistole zugeschoben wird? Amok laufen? Oder auf die Sprache mit Sprache reagieren? Lesen Sie selbst!

      Richtung Süden
    • Nils Trede schreibt aus einem frei gewählten sprachlichen Exil, der französischen Sprache - seine Muttersprache ist das Deutsche. Aus diesem Exil heraus bringt er jene selten aufgesuchten Ränder unserer Existenz zur Sprache, die einer nahezu gnadenlosen Selbstwahrnehmung angehören - und von der die ungeheuerliche Gefahr ausgeht, uns in der Erzählung zu zeigen, wer wir sind, wenn wir den Verankerungen sozialer Illusionen entgleiten. Der Ich-Erzähler dieses Romans, Polizeiarzt und Restaurantbesitzer, führt ein Doppelleben auf zwei sehr nahe beieinander gelegenen Inseln in einer grossen modernen Stadt. Die doppelte Verortung seines Lebens mag als Grundmetapher für die Zerrissenheit seiner Figur gelten, sie ist zugleich jedoch auch eine besondere Ausgangslage, um die Beobachtung unserer Welt zu schärfen. Beginnnt der Roman mt dem Geräusch eines plötzlich einfallenden Platzregens über der Stadt, so werden seine Figuren im Laufe der Erzählung einer Eiseskälte ausgesetzt, die ein letztes Mal in ein Bild gewandelt wird: der steinerne Friedhof als kälteste Form von Leblosigkeit selbst genügt nicht mehr, um der seelischen Haltlosigkeit des Protagonisten ein Zuhause zu gewähren. So wird er, die „Winterreise“ hat es uns schon einmal sehr deutlich gemacht, weitergehen müssen mitten hinein ins eiskalte Leben - und die Erzählung davon birgt eine Wärme und Intensität, die das kostbare Gut Leben nur um so fragiler erscheinen lässt.

      Das versteinerte Leben