Die Psalmen sind für Judentum und Christentum zentrale Bibeltexte. Der Band untersucht, was jüdische und christliche Zugänge zur Psalmeninterpretation verbindet und was sie unterscheidet.
Die Klagelieder sind Krisenliteratur. Sie verarbeiten ein konkretes historisches Ereignis in poetischer die Zerstorung der Stadt Jerusalem und des Tempels 587 v. Chr. Marianne Grohmann deutet in ihrem Kommentar die Klagelieder als literarische, historische, anthropologische und theologische Texte. Dabei zeigt sie die traditionsgeschichtlichen Zusammenhange auf und spannt den Bogen von der altorientalischen Klageliteratur uber die vielfaltigen Bezuge innerhalb der Hebraischen Bibel bis zur Rezeptionsgeschichte, v. a. im Judentum. Grohmanns Erklarungen der funf Lieder zeigen anthropologische wie theologische Aspekte auf und scharfen den Blick fur die Mehrdeutigkeit der hebraischen Poesie.
The history of Judaism, Christianity and Islam has always been attended by an underlying tension between Hebrew, Greek and Arabic “original texts” and their translations. Out of this tension between canonized texts and changing interpretations, a transformation has taken place that is typical of many religions. Religious texts are transformed through translation and through their reception in different contexts. Their interpretations are shaped by the respective contemporary contexts and at the same time contribute to processes of societal change. The contributions to this volume address the hermeneutical task of forging links between the present day on the one hand and antique bible texts, different stages in the history of their reception and interpretations of the Koran on the other. They present exemplary analyses of texts from the perspectives of the Old and New Testament, patristics, Judaism, Islamic studies, systematic theology and translation science.
Marianne Grohmann untersucht, in welchen Bildern in den Psalmen von Fruchtbarkeit und Geburt gesprochen wird. Ihr methodischer Ansatz ist eine Kombination von historisch-kritischer Exegese mit neueren, literaturwissenschaftlichen Ansätzen, z. B. Rezeptionsästhetik und Intertextualität. Darüber hinaus werden metapherntheoretische Überlegungen und jüdische Auslegungen in die Interpretation einbezogen. Ausgewählte Psalmentexte werden in ihren Verknüpfungen zu anderen biblischen und außerbiblischen Kontexten gelesen. Die Autorin entfaltet in ihren sprachlichen Analysen Implikationen der Geburtsbilder für alttestamentliche Anthropologie und Theologie. In ihnen zeigt sich die Mehrdimensionalität des alttestamentlichen Menschenbildes: die körperliche, die personale, die soziale und die transzendentale Ebene sind immer miteinander verknüpft. Geburt ist ein Ereignis intensiver Beziehung und Wechselwirkung zwischen Gott und Mensch. Die Geburtsmetaphorik der Psalmen zeigt, dass alttestamentliche Gottesbilder eine Weite haben, die neben zahlreichen männlich geprägten auch weibliche Elemente umfasst. Die Untersuchung legt besonderes Augenmerk auf Ambivalenzen und Schattenseiten der Fruchtbarkeit: Vor dem Hintergrund der prinzipiell hohen Bewertung von Fruchtbarkeit in der Hebräischen Bibel und ihrer Umwelt wird auch ihre Kehrseite, die Unfruchtbarkeit, besonders beleuchtet. Ein Ausblick auf Perspektiven von den alttestamentlichen Texten zu gegenwärtigen Bioethik-Diskussionen über den Beginn des menschlichen Lebens rundet das Buch ab.
Wege einer christlichen Rezeption jüdischer Hermeneutik
Diese interdisziplinäre Studie zeigt Wege einer theologischen Schriftlehre auf, die zeitgenössische jüdische Bibelauslegung wahrnimmt. Als methodisch-theoretischer Rahmen des Vergleichs und der Gegenüberstellung dient rezeptionsorientierte Intertextualität: Diese thematisiert die Rolle der Leser/innen und der unterschiedlichen Kontexte. Die literarischen Texttheorien werden auf konkrete Beispiele von Aneignung der Schrift in Paulus-Briefen und in rabbinischer Literatur angewendet.
Anhand von repräsentativen Beispielen aus den Bereichen der Altorientalistik, der alt- und neutestamentlichen Bibelwissenschaft, der Qumranforschung und der Judaistik wird gezeigt, welche Funktion einzelne Schriften in unterschiedlichen historischen Kontexten für religiöse, aber auch politisch-nationale Identität haben. Mit Beiträgen von Stefan Alkier, Lutz Doering, Sabina Franke, Marianne Grohmann, Susanne Plietzsch und Konrad Schmid.