Die Erkenntnis, dass der Staat nicht die einzige Quelle von Recht ist, verbreitet sich zunehmend in der Rechtswissenschaft. Die Vielfalt normativer Ordnungen wird als »Rechtspluralismus« bezeichnet. In der Forschung herrscht Einigkeit darüber, dass normative Ordnungen nicht unabhängig nebeneinander existieren, sondern sich wechselseitig beeinflussen. Dieses Zusammenspiel kann sowohl konfliktreich als auch kooperativ sein und führt zu Normentransfer sowie Widerstand. Die Arbeit trägt zur interdisziplinären Rechtsforschung bei, indem sie Austauschprozesse zwischen verschiedenen normativen Ordnungen analysiert. Dabei wird »Übersetzen« als zentrale Praxis des Rechtspluralismus betrachtet, und ein methodischer Zugang zur machtsensiblen Analyse dieser Prozesse angeboten. Am Beispiel Ghanas wird untersucht, wie die Anerkennung von nicht-staatlichem Recht in der Rechtsprechung staatlicher Gerichte praktiziert wird. Ghana ist durch eine Vielzahl von Gesellschaften und die Koexistenz unterschiedlicher normativer Ordnungen geprägt. Neben dem während des britischen Kolonialismus eingeführten Common Law werden zahlreiche lokale Gewohnheitsrechte als Rechtsquelle anerkannt. Über den ghanaischen Kontext hinaus werden allgemeine Fragen zum Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt und den damit verbundenen Konflikten aufgeworfen.
Tillmann Schneider Livres
