Die Konsumgesellschaft, geprägt von fordistischen Prinzipien, kann nicht rational auf die Umweltkrise reagieren. Der Prozess von Produktion und Konsum wird als Stoffwechsel eines künstlichen Lebewesens betrachtet, der unnützen Energieverbrauch fördert und Wachstum ermöglicht. Dies gefährdet jedoch das natürliche Ökosystem und führt zur Entfremdung der Menschen.
Bernhard Sarin Livres






Die jüngsten Ergebnisse der Hirnforschung haben unter Naturwissenschaftlern und Philosophen eine neue Diskussion über die Stichhaltigkeit von Kants philosophischer Begründung der Freiheit ausgelöst. Dabei wird diese gerade durch das heutige Wissen über die physikalischen und biologischen Bedingungen der menschlichen Existenz bestätigt. Offenbar aufgrund eines unausgereiften Begriffs der Naturkausalität und eines Mangels an biologischen Erklärungsmöglichkeiten hat Kant selbst die Freiheit noch als eine »reine transzendentale Idee« bezeichnet, die sich in der Erfahrung nicht belegen lasse. Vor dem Hintergrund eines besseren Verständnisses dessen, was ein Naturgesetz ist, wie das Leben sich zur anorganischen Natur verhält und worin die Spezifik des menschlichen Lebens besteht, erscheint aber durchaus eine empirische Erklärung dafür möglich, wie Freiheit realisiert (oder auch verfehlt) werden kann. So ist ein Lebewesen in dem Maße frei, in dem es Macht über die unorganisierte Materie besitzt. Und um diese Freiheit zu bewahren, muss der Mensch sein Verhalten an der für ihn charakteristischen Lebensform der kulturellen Evolution ausrichten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass er sie durch eine kulturelle Fixierung oder Verstrickung in immanente Zusammenhänge wieder verspielt.
Spanish Village 1983
Fotografien
Die Fotografien in »Spanish Village 1983« sind im Sommer 1983 entstanden. Der Titel ist eine Reminiszenz an W. Eugene Smiths Foto-Essay »Spanish Village«, der 1951 im LIFE Magazine erschien. Smith hat zur Zeit der Franco-Diktatur das Leben in einem Dorf der Extremadura dokumentiert, das seiner Meinung nach ein authentischer Ausdruck der spanischen Kultur war. Die Fotografien von 1983 zeigen dagegen den Massentourismus an der Costa Brava.
Imre Kertész (1929-2016) erlangte internationale Bekanntheit mit dem Roman »Schicksalslosigkeit« (1975), der von seiner Deportation nach Buchenwald 1944 handelt. Der Roman reflektiert jedoch nicht nur seine Haft, sondern auch seine schriftstellerische Arbeit in Ungarn, wo er sich der Vereinnahmung durch den nationalen Kulturbetrieb entzog. Diese geistige Exilierung zieht sich durch all seine Werke. In »Letzte Einkehr« (2014) versetzt er sich in die biblische Figur des Lot. Die Tagebuchpassagen, die von 2001 bis 2009 sein Leben in Berlin widerspiegeln, erzählen von Lots Flucht aus Sodom und symbolisieren Kertész' literarische Tätigkeit, durch die er sich selbst erfand und sein Leben gestaltete. Seine Absonderung von der Gesellschaft ist ein Beispiel für einen »eigenen Tod« im Sinne Rilkes. Der Essay »Eingeschlossen in Fiktionen« ergänzt die Dissertation »Ein Leben als Artikulation« (Universität Potsdam, 2010), die ohne Kertész' späte Tagebücher und »Letzte Einkehr« entstand. Neu hinzugezogen werden auch Interviews von 1989-2015, in denen Kertész sein Werk kommentiert. Der Band enthält zudem eine umfassende Bibliografie.
Lewis Hine (1874-1940) gilt als Pionier der Dokumentarfotografie, insbesondere durch seine investigativen Reportagen für das National Child Labor Committee. Seine konzeptionellen Arbeiten weichen jedoch von diesem Rahmen ab. Besonders prägend sind die seit 1920 entstandenen „Work Portraits“ und die frühen Fotografien für die New Yorker School of Ethical Culture, die stark von der Pragmatismus-Philosophie William James' und John Deweys beeinflusst sind. Hines Festhalten am Liberalismus erklärt seine spätere Erfolglosigkeit, da sein Bild des aktiven, eigenverantwortlichen Menschen im Widerspruch zum Fürsorgekonzept der Farm Security Administration stand, die ihm nach der Wirtschaftskrise als wichtiger Auftraggeber hätte dienen können. Wertschätzung fand er zuletzt nur im Umfeld der Photo League, die jedoch im US-Kulturleben marginalisiert war. Nach Hines Tod begann die ernsthafte Rezeption seines Werkes erst 1967 mit einer Monografie von Judith Gutman. Zu dieser Zeit trat eine neue Generation von Dokumentarfotografen auf, was Hines' Werk in Gefahr brachte, unmodern zu erscheinen. Rückblickend bietet Hine eine attraktive Gegenposition zu dem damals neu erhobenen Anspruch einer ideologiefreien Dokumentation, da er sich der Versuchung einer objektivierenden Weltsicht widersetzte.