Alejandro Bachmann Livres




Gewohnte Gewalt
Häusliche Brutalität und heimliche Bedrohung im Spannungskino
- 280pages
- 10 heures de lecture
Nicht erst die gegenwärtig extreme Häufung von Femiziden durch (Ex-)Beziehungspartner in Österreich erinnert daran: Gewalt dringt nicht so oft von 'außen' ein, wie sie vielmehr im sozialen Nahbereich ausgeübt wird, oftmals im gemeinsamen Haushalt. Häusliche Gewalt, die fast immer von Männern ausgeht, wird zur gewohnten Gewalt, wird von Betroffenen wie auch von Öffentlichkeiten viel zu oft als normal, als Teil des Alltäglichen, hingenommen.Das Kino weiß davon: nicht zuletzt davon, wie das allzu Gewohnte von Herrschafts- und Gewaltverhältnissen in Form von Schocks und Schrecken wahrgenommen wird; und wie daraus wiederum Routinen entstehen, Subgenres und Kinotrends, räumliche und erzählerische Muster. Besonders Filmthriller erzählen häufig von Heim, Beziehung und Familie als Schauplätzen von Bedrohung durch deine täglichen Nächsten, die männlich gegendert und sozial klassifiziert ist. Von den Gaslight-Filmen der 1940er Jahre und ihren Nachbildern bis zu den Wendungen von Gone Girl (2014), vom Sixties-Klassiker What Ever Happened to Baby Jane? bis zum Oscar-Gewinner Parasite (2019), von Nazis und anderen Feinden in deinem Bett bis zu den totalen (und brutalen) Familien des österreichischen Films: Diese Arten von Spannungskino wirken auch zurück auf populäre Sprechweisen und Vorstellungen von Gewalt, Viktimisierung und Gegenwehr.Die circa 50 kurzen Texte dieses Bandes ziehen Bahnen durch dieses Feld der domestic thrillers und ihrer Umgebungen, in Hollywood und weltweit. Filmkritik und Filmgeschichte verbindet sich dabei mit Sozialkritik der Gegenwart: Was an diesen Motivvorräten von Nahgefahr, Psychospielen und Entmächtigung erscheint im Licht rezenter Erfahrungen von Lockdown und ansteigender Beziehungsgewalt wieder oder neu aufschlussreich und klarsichtig? Wo sind diese Filme in ihren Festschreibungen - etwa von Rassifizierungen, von Geschlechter- und Klassenpositionen - selbst Teil des Problems? Und was verrät das Kino im Spannungsmodus über den Schrecken, der Alltagsobjekten, Hausarbeit und privilegierten Lebensweisen latent innewohnt?
Das filmische Werk von Werner Herzog umfasst überraschend viele dokumentarische Arbeiten, die seit 1962 parallel zu seinen bekannteren Spielfilmen entstanden sind. Der Regisseur selbst steht der Unterscheidung zwischen den Gattungen skeptisch gegenüber. Dieser Band bietet in 18 Beiträgen eine Annäherung an Herzogs Dokumentarfilmwerk und ist in drei Abschnitte gegliedert. Der erste Abschnitt beleuchtet das »Phänomen Herzog«, das zwischen der realen Person und der performativen Figur oszilliert, und thematisiert die Grenze zwischen Fiktion und Realität. Der zweite Teil verfolgt Herzogs thematische Obsessionen und differenziert sein dokumentarisches Werk vom fiktionalen, während er auch deren Verwandtschaften sichtbar macht. Der dritte Abschnitt untersucht die dokumentarische Methode des Regisseurs, seinen speziellen Stil der Personenporträts sowie seinen Umgang mit Ton und Sounddesign. Um Herzogs Abneigung gegen akademische Auseinandersetzungen zu begegnen, vereint das Buch verschiedene Stile und Perspektiven. Neben Filmtheoretikern und Kritikern kommen auch Filmemacher, Fotografen, Autoren und Kuratoren zu Wort. Die »Echos der Gegenwart« zeigen, wie Herzogs Filme die Realität nicht nur aufzeichnen, sondern sie künstlerisch brechen und transformieren, während sie gleichzeitig vielfältige Reaktionen und Emotionen im Hier und Jetzt hervorrufen.
Räume in der Zeit: die Filme von Nikolaus Geyrhalter
- 223pages
- 8 heures de lecture
Seit zwanzig Jahren erkundet Nikolaus Geyrhalter in seinen Dokumentarfilmen Räume 'in der Nähe' und 'in der Ferne': entlang der Donau, durch Westafrika, nach Tschernobyl, Bosnien, in die Südsee, durch Wüsten, Sümpfe, Regenwälder und ins Waldviertel. Bei seiner Suche nach neuen Schauplätzen und Lebensformen im postindustriellen Zeitalter hat er eine eigene dokumentarische Filmsprache entwickelt. In enger Zusammenarbeit mit dem Schnittmeister Wolfgang Widerhofer zeigt sein Gesamtwerk in charakteristischer stilistischer Klarheit, unterstützt von großformatigen Fotostrecken, einen gedanklichen Bogen: Wo Kriege, Umweltkatastrophen und technischer Fortschritt sich wiederholen, verschwindet der Mensch langsam aus der Welt. Die dokumentarischen Aufnahmen wirken oft wie aus Science-Fiction-Welten, und der Mensch muss immer wieder neu gesucht werden in Geyrhalters Hommage an das Leben. Der Band berücksichtigt auch den neuesten Film 'Irgendwann', der im Herbst 2015 in die Kinos kommt, und enthält Texte von Alejandro Bachmann, Tom Gunning, Christoph Huber, Birgit Kohler, Volker Pantenburg, Barbara Pichler, Bert Rebhandl, Joachim Schätz, Barbara Wurm, Yvonne Zimmermann sowie Gespräche mit Nikolaus Geyrhalter und Wolfgang Widerhofer.