Die digitale Revolution hat die klassischen Dimensionen von Raum und Zeit um eine neue Dimension ergänzt: die virtuelle. Diese Veränderung relativiert unsere Wahrnehmung von Distanzen; reale Erlebnisse werden digital und umgekehrt. Cyber-Bekanntschaften verwandeln sich in Freunde, Informationen sind überall und sofort abrufbar. Individuen bilden ihr Weltbild aus fragmentierten Informationen des Internets, während Likes und Bewertungen Vertrauen aufbauen oder zerstören. Daten werden zur Ware, und das Teilen wird zum sozialen Wert. Persönliche Informationen werden anonymisiert, verknüpft und repersonalisiert, was zu transparenten Nutzern in komplexen Systemen führt. In den präsentierten Arbeiten stehen Menschen oft im Hintergrund und sind selten als Individuen erkennbar. Selbst in Gruppen bleiben sie Einzelpersonen, häufig als Schatten oder Spiegelbilder, oft mit Smartphones in der Hand. Ihre Wahrnehmung der Welt erfolgt durch Scheiben, Spiegel und Ausschnitte, wodurch der direkte Blick auf die Szenen verwehrt bleibt. Der Betrachter muss die Situationen aus den Fragmenten rekonstruieren und sich so seine Vorstellung der Realität erarbeiten. Die gewählten Orte verdeutlichen die Austauschbarkeit und Globalität des Cyberraums.
Wolfgang Nebel Livres
