Instrumentalmusik neben Haydn und Mozart
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Italien, „das Land der Musik“ — die Musik, „die deutscheste der Künste“: In zwei Nationen, die erst im 19. Jahrhundert zu staatlicher Einheit fanden, war die Musik zentraler Bestandteil ihres kulturellen Selbstbewusstseins. In Italien war die Oper die führende musikalische Gattung; in Deutschland wurde die Instrumentalmusik zur ‚eigentlichen‘ Musik erklärt und als ‚Wiener Klassik‘ und genuin deutsche Romantik vereinnahmt. Die zunehmende Radikalisierung nationalistischer Parolen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfasste dann auch die Musikwissenschaft. Versuche einer Neubewertung durch italienische Musikwissenschaftler – allen voran Fausto Torrefranca – wurden in Deutschland ignoriert. Hier propagierte man stattdessen die Idee einer ‚absoluten Musik‘ als unmittelbare und anti-intellektuelle ‚Schau deutschen Wesens‘. Entkleidet ihres offen nationalistischen Vokabulars leben solche Vorstellungen bis heute fort. Diese Problematik war Gegenstand eines deutsch-italienischen Seminars am Deutschen Historischen Institut in Rom. Zu den Themenfeldern „Musikgeschichtsschreibung“, „Musiker und Komponisten“, „Faschismus und Nationalsozialismus“ sowie „Ästhetisch-philosophische Aspekte“ vereinigt der Band Referate des Seminars mit weiteren Beiträgen von Mauro Fosco Bertola, Monica Cioli, Boris von Haken, Ludovica Malknecht, Fiamma Nicolodi, Pamela M. Potter und Michael Zywietz.
Mit Lope de Vega und Calderón de la Barca erlebte das spanische Theater eine Blütezeit, in der in Literatur und Malerei Werke von Weltrang entstanden. Die Grundlagen dieses ‚Siglo de Oro‘ reichen weit ins 16. Jahrhundert zurück. Hier liegen auch die Anfänge einer genuin spanischen Theatermusik. Gesangseinlagen im gesprochenen Theater bilden das musikdramatische Erbe, auf das Comedia und Zarzuela aufbauen. Im vorliegenden Band werden Formen und Funktionen von über 1000 solcher lyrischen Einschübe aus knapp 500 überlieferten Theaterstücken untersucht. Anhand der Struktur kann auf ihre Musik geschlossen werden, die den vulgärsprachlichen Gattungen Villancico, Romance und Madrigal entspricht. Konkrete Vertonungen lassen sich mit Hilfe des Textvergleichs ermitteln. Intertextuelle Bezüge reichen dabei von identischen über glossierte bis hin zu kontrafazierten Texten. Die auf diese Art rekonstruierte Theatermusik ist ein beredtes Zeugnis für die zeitgenössische theatralische Aufführungspraxis. Dabei zeigt sich, dass sich der italienisch-spanische Kulturtransfer auch auf Musik und Inszenierungen ausgewirkt hat und der gesellschaftspolitische Kontext des frühen Siglo de Oro für die Ausbildung eines spezifisch spanischen Musiktheaters von entscheidendem Einfluss war.