Vorreden und Vorspiele von Theatereröffnungen sind einzigartige Standortbestimmungen von Bühnen im öffentlichen Raum, die der Band in einer Reihe exemplarischer Einzelanalysen vorstellt. Eröffnungen kommen nicht ohne Reden aus, sind aber nur selten kunstvoll gestaltet. Anders Theatereröffnungen, die dem Publikum einen Eindruck von der dramatischen Kunst des Hauses vermitteln sollen. Deshalb wurden Eröffnungsprologe immer wieder bei besonders prominenten Autor:innen in Auftrag gegeben (bei Goethe und Schiller in Weimar, Keller und Meyer in Zürich, Hofmannsthal und Altenberg in Wien). Sie fungieren als programmatische, kunstvoll gestaltete Standortbestimmungen der Bühnen. Vorreden und Vorspiele führen auf die Beschaffenheit der Bühnen hin, stellen Ensembles vor, beschwören den Geist des Hauses, sprechen übers Geld, adressieren Publikumserwartungen und denken in grundsätzlicher Weise über das Theater und seine Rolle im öffentlichen Leben nach.
Clemens O. zelt Livres



Literatur im Jahrhundert der Physik
Geschichte und Funktion interaktiver Gattungen 1900-1975
Interaktive Gattungen machen dominante Linien der komplexen Austauschbeziehungen zwischen Literatur und Physik im 20. Jahrhundert lesbar. »Jahrhundertwissenschaft«, »Schicksalswissenschaft« oder »Leitwissenschaft des Jahrhunderts« sind wiederkehrende Apostrophierungen, mit denen Wissenschaftshistoriker auf die singuläre Rolle der Physik im 20. Jahrhundert hinweisen. Wie die Literatur diese Bedeutung erfasst und mitgestaltet hat und dabei ihrerseits von der Physik umgestaltet wurde, zeigt die Studie in funktionsgeschichtlich orientierten Gattungsanalysen. Gattungen reagieren als »Bedürfnissynthesen« auf gesellschaftliche Herausforderungen, machen auf sie aufmerksam und gestalten sie - so auch beim Aufstieg einer neuen Leitwissenschaft. Die fünf interaktiven Gattungen Roman, Dialog, Brief, Tagebuch und Tragödie werden als Formungen solcher gesellschaftlichen Bedürfnisse vorgestellt, die einerseits den engen Rahmen der Fachwissenschaft Physik, andererseits den Bereich der literarischen Imagination übersteigen. Sie machen erstmals dominante Linien der komplexen Austauschbeziehungen lesbar.
Klangräume bei Peter Handke
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Peter Handkes Großprojekt, die „Sonorität der heutigen Welt“ darzustellen und zu reflektieren, wird in dieser Arbeit erstmals grundlegend behandelt. Die Studie beleuchtet das akustische Interesse des Autors, insbesondere im Kontext seines fiktiven „Symposiums“ über 'Lärm-Ton-Klang-Stille'. Die Präsenz von „Klängen“ ist in Handkes Werk sowohl dominant als auch vielfältig. Im Gegensatz zur üblichen Fokussierung auf Musik steht hier eine offen strukturierte Hörwelt im Vordergrund, die Geräusche, Töne, Worte und Stille umfasst. Handkes Verständnis von “erklingen“ geht weit über Klänge im engeren Sinne hinaus. Die konkrete Gestalt einzelner Klänge verbindet er mit heterogenen Bedeutungsfeldern, was durch den Begriff der “Klangräume“ verdeutlicht wird. Sein Misstrauen gegenüber einer rein visuellen Erfahrbarkeit der Welt eröffnet neue Perspektiven auf Sprache, Wahrnehmung, Raum, Zeit, Identität und Gemeinschaft und dient ihm als Mittel, neue Ausdrucksmöglichkeiten zu finden. Der Zusammenhang dieser Klangphänomene wird durch Handkes charakteristische Schreibhaltung gewährleistet, die sich durch perspektivisch verschobene Wiederholungen auszeichnet. Diese Technik, die Handke als „Sich-Wiederholen mit Varianten“ beschreibt, macht Kontinuitätslinien in seinem Werk sichtbar und ermöglicht eine Neubewertung schematischer Handke-Bilder. Methodisch wird dieser herausfordernden Schreibgeste eine „polyperspektivische Motivforschung“ gerecht.