Wege zur direkten Demokratie in den schweizerischen Kantonen
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Der Katholizismus lieferte wichtige Beiträge zur Entstehung der modernen Schweiz. Auch und gerade was die Entwicklung der direkten Demokratie sowie der Volksschule und der Höheren Schulen betrifft, darf sein Einfluss nicht unterschätzt werden. Worin dieser Einfluss bestand, zeigen die Autoren des vorliegenden Bandes auf. Ihre Texte entstanden im Rahmen der ersten wissenschaftlichen Konferenz des Forschungsinstituts direkte Demokratie. Diese fand am 17. Oktober 2014 in Schwyz statt und widmete sich in zwei Themenblöcken den neuesten Erkenntnissen der Demokratie- und Bildungsforschung. Die direkte Demokratie ist in der Schweiz wie in keinem anderen Land ein zentraler Bestandteil der politischen Kultur, aber geschichtswissenschaftlich noch wenig erforscht. Aus diesem Grund wurde von René Roca das Forschungsinstitut direkte Demokratie gegründet, das mit wissenschaftlichen Konferenzen, Publikationen und Vorträgen diese Forschungslücken schliessen will. Mit Band 1 gibt René Roca nun die Referate der ersten Tagung seines Forschungsinstituts heraus und hebt zugleich die neue wissenschaftliche Reihe «Beiträge zur Erforschung der Demokratie» aus der Taufe. In der Reihe soll jährlich ein neuer Band erscheinen. Die nächsten beiden Tagungen und damit Band 2 und 3 in der Reihe widmen sich den Beiträgen, die der Liberalismus beziehungsweise der Frühsozialismus zur Entstehung und Entwicklung der direkten Demokratie geleistet haben.
Die Schweiz durchlebte zwischen 1798 und 1848 eine der wohl intensivsten Phasen ihrer Geschichte. Im Zentrum dieser Untersuchung steht die «Sonderbundszeit», die für die Innerschweiz ab 1839 mit der Endphase der Regeneration beginnt und bis zum Sonderbundskrieg 1847 dauert. In diese historisch äusserst bewegte Zeit fällt das politische Wirken Bernhard Meyers (1810-1874). Meyer, vom Liberalismus her kommend, versuchte in den politischen und religiösen Auseinandersetzungen eine «Position der Mitte» zu gewinnen, schloss sich aber schliesslich dem konservativen Sonderbund an. Für die bisherige Geschichtsschreibung, die hauptsächlich die Optik der Sieger fokussierte, galt er deshalb als ultramontaner «Sonderbündler». Eine solche politische Einordnung greift zu kurz und blendet wichtige Gesichtspunkte der Sonderbundszeit aus. Das Buch illustriert deswegen diese historische Zeitspanne aus der Perspektive des Verlierers Bernhard Meyers und bietet somit neue Zugänge und Ansätze für die Geschichtsforschung. Es soll aufzeigen, wieso Meyer, zwischen die Fronten geratend, die Position eines liberalen Katholiken verliess und wieso sein Ansatz eines «Dritten Weges» scheiterte.
Katholisch-Konservative, Liberale und Frühsozialisten leisteten jeweils spezifische Beiträge zur Demokratiedebatte in der Schweiz. Band 3 der Trilogie Beiträge zur Erforschung der Demokratie rückt die Schweizer Frühsozialisten in den Fokus. Sie festigten auf der Basis des Naturrechts und mit Bezug zur Genossenschaftstradition die demokratischen Grundlagen des Staates. Wie und mit welchen Ideen sie die Weiterentwicklung der Demokratie von einer repräsentativen zu einer direkten Demokratie geprägt haben, ist hier erstmals im Gesamtzusammenhang nachzulesen.
Die direkte Demokratie ist in der Schweiz wie in keinem anderen Land ein zentraler Bestandteil der politischen Kultur. Es erstaunt daher, dass ihre Entstehung bisher kein zentrales Forschungsthema der Geschichtswissenschaft darstellt. Um diese Forschungslücke endlich zu schliessen, wird mit der vorliegenden Untersuchung der Anfang einer systematischen Aufarbeitung des Themas in Angriff genommen. Erstmals wird die Theorie der direkten Demokratie definitorisch klarer erfasst. Auf diesem Fundament formten sich im 19. Jahrhundert in der Schweiz auf kantonaler Ebene direktdemokratische Systeme. Mit dem Kanton Luzern wird ein solches Beispiel beschrieben, dem weitere folgen werden. Die Schweiz muss ihre historischen Wurzeln kennen; das ist wichtig für ihr Selbstverständnis, aber auch um ein Modell für interessierte Länderzu sein.