Um dem Phänomen hochethischen Handelns, bei dem eine Person offensichtlich mehr als ihre moralische Pflicht tut, gerecht zu werden, ist in der moraltheologischen Tradition die Kategorie der supererogatorischen Handlungen ausgebildet worden, die in Teilen der neueren Ethik eine Renaissance erlebt. Auf der Ebene der Haltungen korreliert ihr die Kategorie der ethischen Ideale. Was es mit ihnen in verschiedenen Hinsichten auf sich hat, dem wird hier unter grundsätzlichen, exemplarischen sowie historischen Rücksichten nachgegangen.
Dieter Witschen Livres






Ethische Kommunikation
Zivilgesellschaft - Kirche - Sozialethik
In neuerer Zeit wird die Kirche unter soziologischer Rücksicht als eine zivilgesellschaftliche Akteurin begriffen. Diese Sichtweise hat Auswirkungen darauf, wie sie als Glaubens- und Wertegemeinschaft ihre ethischen Anliegen und Überzeugungen im öffentlichen Raum vermitteln kann. Ein unverzichtbares Medium ihres sozialethischen Wirkens ist für die Kirche die sprachliche Kommunikation. Bei der Wahrnehmung ihres diakonischen Auftrags stehen ihr verschiedenartige Modi ethischer Rede zur Verfügung. Welche Weise öffentlichen Sprechens die jeweils geeignete ist, hängt von der Aufgabe ab, die in der Zivilgesellschaft zu bewältigen ist. Aus dem breiten Spektrum kirchlich-ethischer Redeweisen werden siebzehn Varianten mit ihren Ausdifferenzierungen typologisch vorgestellt.
Menschenrecht auf Schutz
Ein Entwurf zur iustitia protectiva
Die Grundidee der iustitia protectiva besagt: Der verletzliche Mensch hat ein Recht auf Schutz vor Übergriffen auf seine Integrität. Der Mensch ist infolge seiner Verletzlichkeit des Schutzes bedürftig und infolge seiner Würde des Schutzes wert. Wenn er des Schutzes wert ist, hat er dann nicht auch ein Recht auf Schutz? Und wenn die Sicherung eines Rechts Angelegenheit der Gerechtigkeit ist, ist dann nicht die Gewährleistung des Rechts auf Schutz ihre Aufgabe? Ist mithin nicht eine schützende Gerechtigkeit erforderlich? Im Gefüge der Gerechtigkeit ist die iustitia protectiva jedoch nahezu unbekannt. Aus diesem Grund sei in einem ersten Teil ein allgemeines Konzept von ihr entwickelt; dabei erweist sie sich als eine eigenständige Unterart der Gerechtigkeit. Im zweiten Teil sei anhand von ausgewählten Konkretionen ihr kriteriologischer Wert nachgewiesen; dabei zeigt sich die existenzielle Dringlichkeit der gerechten Behandlung des vulnerablen Menschen.
Gibt es ein Menschenrecht auf Frieden?
Eine rechtsethische Kontroverse
Gibt es einen schlimmeren Verstoss gegen die Humanitat als all das, was Menschen sich durch bewaffnete Gewalt und Krieg an massivem Unrecht und furchtbaren Ubeln zufugen? Drangt sich daher nicht die Forderung auf, jeder Mensch habe einen menschenrechtlichen Anspruch darauf, in Frieden zu leben? In den klassischen Dokumenten findet sich kein Menschenrecht auf Frieden. Erst seit vor einigen Jahrzehnten das Konzept dreier Generationen von Menschenrechten entwickelt worden ist, wird - vorwiegend unter Experten, kaum in der Offentlichkeit - kontrovers diskutiert, ob es ein solches Menschenrecht gibt oder geben sollte. Witschen behandelt Kernfragen der Debatte unter einer rechtsethischen Perspektive. Unabhangig davon, ob ein Menschenrecht auf Frieden zu Recht postuliert wird, ist unzweifelhaft, dass ein menschenrechtsbasierter Ansatz fur die Friedenssicherung weiterfuhrend ist.
Was verdient moralisch den Vorzug?
Ethisches Abwägen durch Präferenzregeln
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Bei seinen ethischen Orientierungen kommt der Mensch allein mit Prinzipien nicht aus. Denn er sieht sich in zahlreichen Situationen vor die Aufgabe gestellt, diverse Aspekte von moralischer Relevanz in Beziehung zueinander zu setzen. Bei den unvermeidlichen Abwägungen ist er auf Vorzugsregeln angewiesen. Präferenzregeln und Prinzipien müssen aber nicht in jedem Fall etwas Separates sein. Denn normativ-ethische Prinzipien können bereits in sich Präferenzregeln beinhalten. Der Autor weist dies anhand zentraler Prinzipien, die in unterschiedlichen Kontexten der Ethik ihren Ort haben, beispielhaft nach. Dazu gehören das teleologische Normierungsprinzip, die Prinzipien der Subsidiarität und der Toleranz, die Radbruchsche Formel sowie das Prinzip der Doppelwirkung. Die diesen Prinzipien immanenten Präferenzregeln helfen dabei, in oftmals schwierigen Entscheidungssituationen ethisch abzuwägen und sich für eine Handlungsoption zu entscheiden.
Ethischer Pluralismus
Grundarten - Differenzierungen - Umgangsweisen
Zur Signatur moderner Gesellschaften gehört ihr Pluralismus. Davon ist der Bereich der Ethik nicht ausgenommen. Wofür ein moralischer Pluralismus im Einzelnen steht, das ist allerdings alles andere als eindeutig. Um der Kontroverse über moralische Vielfalt, die in der Gegenwart nicht selten diffus geführt wird, möglichst klare Konturen zu verleihen, empfiehlt es sich, wenigstens drei Grundarten zu unterscheiden: einen deskriptiv-ethischen, einen normativ-ethischen und einen tugendethischen Pluralismus. Innerhalb der jeweiligen Grundart sind, wie in dieser Abhandlung schwerpunktmäßig aufgezeigt wird, etliche Differenzierungen anzubringen. Ohne sich einen Überblick über zentrale Varianten eines moralischen und ethischen Pluralismus zu verschaffen, kann der Diskurs nicht sachgerecht geführt werden. Vorwiegend werden mannigfache Facetten moralischer Diversität eruiert. Einige Hinweise, wie mit dem Pluralismus verantwortlich umgegangen werden kann, werden angefügt.
Je inflationärer die Rede von den Menschenrechten – desto dringlicher eine Vergewisserung, wofür die für Ethik wie Recht und Politik zentrale Kategorie sinnvollerweise steht. Um das Profil der Menschenrechte ausmachen zu können, empfiehlt es sich, sich von deren Grundstruktur leiten zu lassen. Zu klären ist mithin: Wer sind die Berechtigten? Sind es z. B. nur Individuen oder auch Kollektive? Wer sind die Verpflichteten? Sind es die jeweiligen Staaten oder auch nicht-staatliche Akteure? Und was sind ihre Inhalte? Sind diese basalen Rechte etwa angeboren oder werden sie verliehen? Können sie ihren universalen Anspruch einlösen oder sind sie kulturbedingt? Haben sie alle das gleiche Gewicht und sind sie unverlierbar oder nicht? Den drei Ebenen lassen sich die diversen menschenrechtlichen Grundmerkmale zuordnen, die in einschlägigen Dokumenten wie im Diskurs namhaft gemacht werden. Indem sie aus einer rechtsethischen Perspektive zum einen je für sich präzise und zum anderen möglichst umfassend bestimmt und begründet werden, kann eine Klärung gewonnen werden, was Menschenrechte sind.
Wie können oder sollen andere sich zu der Gewissensentscheidung eines Individuums verhalten? Da das Spektrum der Verhaltensmöglichkeiten erheblich differenzierter ist als gemeinhin bewusst, sei aus ethischer Sicht eine Typologie entwickelt. In einer Gewissensentscheidung kulminieren die moralischen Reflexionen und Entscheidungen des Individuums. Mit ihr übernimmt es für das eigene Handeln die höchstpersönliche Verantwortung in letztverbindlicher Weise. Mit ihr wahrt es seine moralische Integrität, seine Würde als Person. Wie andere als moralische Betrachter oder im Kontext des Rechts auf Gewissensfreiheit als staatliche Organe sich zu einer derartigen Entscheidung zu verhalten haben, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Grundlegend ist die Unterscheidung, ob andere die Berufung des Akteurs auf seine Gewissensentscheidung als eine authentische anerkennen (können), und wie sie die zugrunde liegende Überzeugung samt ihren Konsequenzen beurteilen.
Menschen-Tugenden
Ein Konzept zu menschenrechtlichen Grundhaltungen
Keine Menschenrechte ohne Menschenrechtsverteidiger - keine Menschenrechtsverteidiger ohne Menschen-Tugenden. Die gegenwärtige Leitidee der Humanität ist zweifelsohne die der Menschenrechte. Die Umsetzung dieser Rechte verlangt vieles. Sie ausschließlich als Aufgabe von Recht und Politik zu begreifen reicht nicht aus. Ohne ein als moralische Ressource verfügbares Ethos ist sie nachhaltig nicht möglich. Eine notwendige Komponente dieses Ethos bilden menschenrechtlich relevante Grundhaltungen der Akteure, die als Menschen-Tugenden bezeichnet werden können. Weil diese Dimension in den Menschenrechtsdiskursen kaum in den Blick gerät, stellt die Entwicklung eines Konzeptes von Menschen-Tugenden ein Desiderat dar. In einem derartigen Entwurf gilt es zunächst das Erfordernis dieser Grundhaltungen prinzipiell zu begründen und daraufhin eine Konturierung anhand zentraler Menschen-Tugenden vorzunehmen.