Die Rede von Krisen prägte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute die Arbeitsverhältnisse, Ausbildung und Verselbständigung der Betreuungs-, Gesundheits- und Pflegeberufe in der Schweiz. Die Beiträge des Heftes bieten Einblicke in lokale und individuelle Probleme sowie in die Entwicklungen der Gesundheitspolitik, des Spitalwesens, der Psychiatrie, Physiotherapie, Krankenpflege und der ausserhäuslichen Kinderbetreuung. Da Pflege und Betreuung oft der weiblichen Natur und Privatsphäre zugeschrieben wurden, dominierten ökonomische, behördliche und ärztliche Interessen lange Zeit die Wahrnehmung und Lösungsansätze für Krisen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Fachwissen der Berufe zunehmend für die Neugestaltung von sozialen und gesundheitlichen Institutionen genutzt. Diese Anerkennung geschah jedoch nur langsam und teilweise, was die Definition von Bedürfnissen und die Akquisition notwendiger Ressourcen erschwerte. Diese Wechselwirkungen führten zur Entstehung neuer Engpässe und Pflegekrisen in der Schweiz. Die Beiträge ermöglichen ein besseres Verständnis der komplexen Zusammenhänge und Herausforderungen, die die Entwicklung dieser Berufe und die damit verbundenen gesellschaftlichen Dynamiken prägen.
Sabina Roth Livres


Arbeit am Pflegewissen
Ausbilden, entwickeln und forschen an der Krankenpflegeschule Zürich. Mit einem pflegepädagogischen Schlusswort und Ausblick von Iris Ludwig
Die Geschichte der Krankenpflegeschule Zürich (1976–2010) widerspiegelt, wie sich der Frauenberuf Krankenschwester zum Beruf der Pflegefachfrau und des Pflegefachmanns wandelte. Die Gründung des Schulvereins durch die Stadt Zürich und die Stiftung Schweizerische Pflegerinnenschule, das Experimentierprogramm Integrierte Krankenpflege und die generalistische Ausbildung in Gesundheits- und Krankenpflege zeugen vom Umbruch des Pflegewissens und der Pflegepädagogik im Professionalisierungsprozess. Um 1970 lehrten die Schwesternschulen praktische Fähigkeiten und medizinische Kenntnisse für die Grund- und Behandlungspflege. Heute bieten Höhere Fachschulen, Fachhochschulen und Universitäten Studiengänge an, die auf der Pflege als Wissenschaft und Praxisdisziplin basieren. Das Buch beleuchtet, wie die Krankenpflegeschule Zürich zur Akademisierung und Tertiarisierung der Pflege beitrug und wie die Arbeit am Pflegewissen konsequenterweise zur Auflösung der Diplompflegeschulen führte.