Der Autor untersucht, ob und wie latente Entscheidungsgründe aus Urteilstexten, insbesondere den Entscheidungsgründen, ermittelt werden können. Latente Entscheidungsgründe sind solche, die die Richter zu ihrer Entscheidung beeinflusst haben, jedoch nicht explizit in der Urteilsbegründung genannt werden. Diese können politische, ethische oder religiöse Überzeugungen sowie kriminalpolitische Konzepte umfassen. Christoph Roos bietet einen kritischen Überblick über Erklärungsversuche zu dem Verdacht, dass die tatsächlichen Entscheidungsgründe nicht vollständig im Urteilstext aufgeführt sind. Anhand der sozialwissenschaftlichen Inhaltsanalyse wird die Möglichkeit einer objektiven, wertungs- und ideologiekritischen Analyse richterlicher Entscheidungsgründe untersucht, wobei die Eignung dieser Methode für eine ideologiekritische Analyse dargelegt wird. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vermeidbarkeit von Verbotsirrtümern nach § 17 StGB wird exemplarisch betrachtet, insbesondere die Kritik an einer zu strengen Handhabung dieses Paragraphen. Der Autor analysiert die Gründe für die restriktive Auslegung des § 17 StGB und beleuchtet das Kriterium der „Gewissensanspannung“, das der Bundesgerichtshof zur Unterscheidung zwischen vermeidbaren und unvermeidbaren Verbotsirrtümern verwendet. Die (rechts-)theoretischen und philosophischen Grundlagen sowie die Anwendung dieses Kriteriums werden kritisch hinterfragt.
Christoph Roos Livres


Im Rahmen der Hartz-Gesetzgebung wurde im Arbeitsförderungsrecht des SGB III ein neues System zur Anerkennung und Zulassung von Trägern der beruflichen Weiterbildung und deren Maßnahmen etabliert. Die AZWV, basierend auf § 87 SGB III, führt ein neuartiges System der Akkreditierung und Zertifizierung ein. Dabei bleiben zahlreiche rechtliche Fragen ungeklärt, insbesondere zur Verfassungsgemäßheit der Verordnungsermächtigung und zur Art der Zulassung durch fachkundige Stellen. Unklar ist, ob diese Zulassungen öffentlich-rechtlich durch Verwaltungsakte oder privat-rechtlich über zivilrechtliche Verträge erfolgen oder eine Kombination beider Elemente darstellen. Christoph Roos vergleicht die Verfahren der Anerkennung und Zulassung mit Regelungen aus anderen Rechtsgebieten wie dem Umwelt- und Technikrecht. Er diskutiert auch innovative Ansätze, wie das Modell eines privaten Sachverständigen-Vollzugs. Zudem analysiert Roos die Zertifizierungsverträge und AGBs anerkannter Zulassungsstellen hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den relevanten Vorschriften. Er stellt fest, dass viele dieser Regelungen unwirksam sind und bietet Vorschläge zur Verbesserung der Vertragsgestaltung an.