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Pierre LegendreLivres
Pierre Legendre est un historien du droit et psychanalyste français dont l'œuvre explore l'histoire des institutions et des concepts juridiques, notamment le droit romain et le droit canonique. Ses recherches abordent également l'anthropologie de la civilisation occidentale. Legendre offre une analyse profonde des structures fondamentales et des fondements culturels de la société occidentale.
Exploring the intersection of law and knowledge, this work engages with a diverse array of texts and figures, including Ovid, Augustine, and Freud, to challenge traditional interpretations. Legendre's analysis weaves together insights from Roman law, medieval canon law, and art, particularly the works of Leonardo da Vinci and Rene Magritte, to propose a transformative approach to understanding legal concepts. This book serves as a significant contribution to the field, advocating for a revolutionary reinterpretation of legal principles.
In den beiden hier vorgelegten Essays fasst der französische Rechtstheoretiker Pierre Legendre die Grundideen seines umfangreichen, bisher nicht ins Deutsche übersetzten Werks zusammen Das genealogische Band, das Verhältnis von Vätern und Söhnen, ist dabei eine Grundfigur. Das Gesetz des Vaters setzt die Grenze und damit das Verbot. Bei aller normativen Kraft dieser Struktur betont Legendre immer wieder, dass dieser Vater eine vom Rechtsapparat des Abendlandes inszenierte Fiktion ist. Doch ohne die Fabrikation dieser Fiktion gibt es kein modernes, vernünftiges Subjekt.
Die gegenwärtige abendländische Gesellschaft ist das Ergebnis der direkten und indirekten Fortführung der dogmatischen Ordnung, deren Grundlagen im mittelalterlichen kanonischen Recht zu verorten sind. Hinter dem fortschrittlich-liberalen Schein verbirgt sich die alte, archaische Logik des Glaubens an eine allmächtige Vaterinstanz. Während raffiniertere Zensurmechanismen suggerieren, es gäbe keine absolut bindenden Autoritäten mehr und die moderne Gesellschaft sei am Ende der Geschichte angelangt, bleibt der phantasmatische Zensor im Amt. Er gibt nach wie vor einen allwissenden Vater-Pontifex, der Anspruch auf Liebe hat. Mit diesem Buch, zentral in Legendres Œvre, entwarf Legendre die Grundlinien einer »dogmatischen Anthropologie«, die die mittelalterliche Dogmatik aufheben und überwinden soll.
Der Tanz, so die These Pierre Legendres in diesem frühen Text zur »dogmatischen Anthropologie«, sei die konvulsivste und älteste aller Künste. Als stumme Rede des Körpers ist er Ausdruck einer höheren Macht und garantiert zugleich deren Autorität. In seinem Versuch zum Tanz will Legendre diesen Diskurs nicht nur einer eingehenden Lektüre unterziehen, sondern die durch das Christentum konstruierte mystische Anatomie des Tanzes bestimmen, die in seinen Augen die abendländischen Choreografien bis heute prägt. Dabei entsteht ein erster Entwurf der Blick- und Bildtheorie, die seinem gesamten Denken zugrunde liegt.
Dieser Gesprächsband ist ein Supplement zur Ausgabe der Schriften Pierre Legendres, die seit mehreren Jahren und in bereits mehreren Bänden im Verlag Turia + Kant erscheinen. Unter der Führung von Philippe Petit erschließt sich ein Zugang zu den grundlegenden Theoremen des bedeutenden Gelehrten.
Ist der Staat überfällig, hemmt er unsere Potentiale, ist er nur eine Assoziation unter anderen? Die Position Pierre Legendres lenkt die Aufmerksamkeit auf einen in dieser Debatte unberücksichtigten Punkt: Der Staat, so wie er sich seit der mittelalterlichen Rezeption des römischen Rechts herausgebildet hat, besitzt die wesentliche Funktion, die Filiationen zu garantieren und damit jede neu hinzukommende Generation gegen die tyrannischen Phantasmen der älteren Generationen zu schützen. Die westliche Konzeption von Subjektivität ist ohne diesen Staat nicht denkbar, geschweige denn praktizierbar.
Am 8. Mai 1984 erstürmte der junge Gefreite Lortie in Kampfmontur das Gebäude der kanadischen Nationalversammlung und schoss wahllos um sich. Drei Angestellte des Hauses verloren das Leben, der Sitzungssaal war an diesem Tag allerdings leer. Lortie warf sich in den Präsidentensessel und verharrte dort 40 Minuten vor den laufenden Videokameras, bevor er aufgab. Später zum Grund dieser Tat befragt, antwortete er: »Die Regierung von Québec hatte das Gesicht meines Vaters.« Das »Verbrechen des Gefreiten Lortie« zählt zu den bekanntesten Büchern Pierre Legendres. Legendre zeichnet darin, ausgehend von diesem spektakulären Fall von Vatermord, die institutionelle und anthropologische Tragweite des »väterlichen Amtes« nach. Während Soziologen und Psychologen heute das Schwinden der Vaterrolle feststellen, erinnert Legendre immer wieder an das unterirdische Fortleben des Mittelalters, der Verschmelzung von römischem Recht und christlicher Tradition, auf der die Moderne aufruht, und ohne das viele moderne Konflikte – wie der des Lortie – kaum verständlich sind. Im Rahmen der Gesamtausgabe wird dem deutschsprachigen Publikum das Werk hier erneut, in revidierter Übersetzung, zugänglich gemacht.
Die Frage nach dem Wesen des Bildes ist alt. Schon für den italienischen Juristen Alciatus war die Antwort klar: Das Bild ist eine falsche Wahrheit, denn es stimmt niemals mit dem überein, was es zeigt. Diese Erkenntnis mag in Zeiten allgegenwärtiger Medienpräsenz banal erscheinen, doch was wäre, so die Ausgangsüberlegung des vorliegenden Buchs, wenn das Leben in fiktiven Welten kein modernes Problem, sondern die Grundlage unserer Existenz darstellte? Der Rechtshistoriker und Psychoanalytiker Pierre Legendre beschäftigt sich mit der Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Bindung des Einzelnen an die Gemeinschaft. Jede Kultur, so seine These, hängt von der narzisstischen Grundkonstitution ihrer Mitglieder ab, die in den Dienst der Gemeinschaft gestellt werden muss. Diese Transformation des Menschen zum gesellschaftsfähigen Wesen ist ohne die mediale Verschiebung des Narzissmus auf die Ebene der Gesellschaft nicht zu leisten, denn kein normatives System kann ohne Repräsentation existieren. Der Spiegel, den uns die Kultur vorhält, um uns gefügig zu machen, zeigt also eine Fälschung, an die wir glauben sollen und an die wir glauben müssen. Daran, so Legendre, kann auch die vermeintliche Rationalität der Wissenschaft nichts ändern. Dieser Band ist der dritte aus der Reihe seiner »Leçons«.