Unterschiedlichen Angaben entsprechend wurden im Zweiten Weltkrieg zwischen 4,5 und 5,7 Millionen sowjetische Soldaten und Offiziere gefangen genommen. Bis zu 3,5 Millionen davon, oder zwischen 57 und 60 Prozent von der Gesamtzahl, starben durch Hunger, Seuchen, Kälte, unerträgliche Arbeit, mangelhafte medizinische Versorgung und fehlende Möglichkeit zur Körperpflege. Wenn die sowjetischen Kriegsgefangenen als geschlossene Gruppe von NS-Opfern zu betrachten seien, hieße das die zweitgrößte Opfergruppe im Zweiten Weltkrieg nach den Juden Europas. Im Vergleich: Von 232.000 britischen und US-amerikanischen Kriegsgefangenen starben hinter deutschem Stacheldraht 8.348 Personen oder circa 3,5 Prozent. In der offiziell zugelassenen Geschichtsschreibung der Sowjetunion, vor allem in den Standardmemoiren sowjetischer Heeresführer, wurde das Schicksal von Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen als Ergebnis einer äußerst negativen Einschätzung der eigenen Militärangehörigen, die in fremde Kriegsgefangenschaft gerieten, kaum thematisiert. Der Quellenkorpus dieser Studie entstand im Zuge der vom Verein KONTAKTE-KOHTAKTbI e. V. ins Leben gerufenen Aktion „Bürgerengagement für die vergessenen NS-Opfer“. Das Ziel dieser Studie ist die Behandlung des Themas Kriegsgefangenschaft aus Sicht der Betroffenen als gleichberechtigte Akteure (Subjekte) der Geschichte und anhand ihrer Selbstzeugnisse.
Dmitri Stratievski Livres



Die Ukraine, das zweitgrößte Land Europas, erlebte im 20. Jahrhundert zahlreiche gesellschaftspolitische Umwälzungen, darunter einen brutalen Bürgerkrieg, mehrere Staatsbildungen, die Sowjetisierung, den Zweiten Weltkrieg und die Erlangung der Unabhängigkeit. Diese Ereignisse prägten auch die Historiographie des Landes. Bis 1990 entwickelten sich die Geschichtsschreibung in der Sowjetukraine und in der ukrainischen Diaspora im Westen parallel und isoliert. Erst nach dem Wegfall ideologischer Schranken kam es zu einer Renaissance der Forschung. Heute existieren in der Ukraine verschiedene Historikerschulen, die oft kontroverse Analysen der sowjetischen Vergangenheit anbieten. Das Interesse an der eigenen Geschichte ist in der ukrainischen Bevölkerung weit verbreitet und spielt eine zentrale Rolle in der Bildung dieser jungen europäischen Nation. Die aktuelle ukrainische Geschichtsschreibung ist in Westeuropa weitgehend unbekannt. Die vorliegende Auswahlbibliographie in deutscher Sprache umfasst bedeutende Einzelmonographien, Sammelbände, Lexika und Nachschlagwerke zur Geschichte, Politik, Wirtschaft, Kultur, Religion, Bildung, Gesellschaft und Medienlandschaft der Ukraine. Sie spannt den Bogen von der „Oktoberrevolution 1917“ über den Bürgerkrieg bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion und der Unabhängigkeitserklärung. Auch Internetquellen sind enthalten, sowie ein Anhang mit Einrichtungen, die sich mit der Zeitgeschichte der Ukr
Sowjetische Kriegsgefangene in Deutschland und ihre Rückkehr in die UdSSR
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Zeugen der sowjetischen Kriegsgefangenschaft in Deutschland haben bisher kaum Gehör gefunden, und auch in ihren Heimatländern waren die vier bis fünf Millionen Kriegsteilnehmer und Stalag-Häftlinge oft Diskriminierungen ausgesetzt. Eine kritische wissenschaftliche Analyse in Form von Selbstzeugnissen ist in vielen Fällen nicht vorhanden. Die meisten Publikationen zu diesem Thema behandeln vorwiegend wissenschaftliche Aspekte und stützen sich auf Archivrecherche sowie auf verfügbare Literatur in Ost und West. Diese Studie geht der Problematik nach, indem sie die Perspektive der Kriegsgefangenen und ihre Selbstzeugnisse in den Mittelpunkt stellt. Diese Zeugnisse wurden im Rahmen der Aktion „Bürgerengagement für NS-Opfer“ des Berliner Vereins KONTAKTE-KOHTAKTbI e. V. gesammelt, teilweise ins Deutsche übersetzt und archiviert. Das erste Kapitel bietet eine allgemeine theoretische Einführung zur Situation der sowjetischen Soldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft von 1941 bis 1945. In den folgenden Kapiteln kommen die ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen selbst zu Wort, und es wird eine Kollektivbiographie erstellt. Die Erinnerungen der Zeitzeugen werden präsentiert und im Kontext des aktuellen Forschungsstandes ausgewertet. Abschließend wird untersucht, ob es ein verallgemeinerbares Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen gab, welche Elemente und Erlebnisse es prägten und wie diese verarbeitet wurden.