Die Gentechnik fungiert im „Projekt der Moderne“ als paradigmatisches Modell für Wertkonflikte. Dabei zeigt der Autor, dass sich gentechnische Implikationen als eine zeitdiagnostische Analyse der Gesellschaft lesbar machen lassen. Die Wechselwirkungsprozesse von genetischer Disposition und aktiver Selbstgestaltung beanspruchen, sowohl die biologischen Grundlagen als auch deren soziale Implikationen ideologiefrei zu reflektieren. Vor diesem Hintergrund werden die liberalen und wertneutralen Prämissen der Diskursethik einer kritischen Prüfung unterzogen. Erst die Bezugnahme auf die Sozialphilosophie Theodor W. Adornos, welche mit den wesentlichen Einsichten der Existenzphilosophie zu vermitteln ist, eröffnet die Möglichkeit, eine bewusste, verantwortliche Lebensführung und damit auch eine zivilisatorische Entwicklung konkret einzufordern. Dadurch ergibt sich die gesellschaftspolitisch fragile Chance, eine Topographie psycho-sozialer Lebensräume der Mündigkeit, der kontextuellen Sensibilität, der existentiellen Verantwortlichkeit, des kritischen Vertrauens und der Reflexion zu formulieren.
Olaf Jann Livres



Moralische Gentrifizierung
Soziologische Zeitdiagnostik und politische Theorie negativer Emotionen
Die Studie reformuliert einen wissenspolitologischen Forschungsansatz, der die Theorien von Pierre Bourdieu, Michel Foucault und Vilfredo Pareto zu einer kritischen Elitentheorie verknüpft. Als eine These gilt hier, daß die gesellschaftlich dominanten Wahrheitskonstruktionen, d. h. der Umbau von Staat, Ökonomie und Gesellschaft im Globalisierungsprozeß nicht Ausdruck systemischer Transformationen sind, sondern wesentlich das Resultat von intendierten Elitenstrategien. Diese bemeistern den sozialen Diskursraum, werden aber ebenso von den Bürgern weitgehend akzeptiert und reproduziert. Demzufolge ist ein Prozeß der Durchsetzung neuer kollektiver Normativität als ein sozio-psychischer Vorgang zu analysieren, als ein Kampf, der um die politische Definitionsmacht in der Gesellschaft geführt wird. In diesem Kontext skizziert Olaf Jann die genealogische Entfaltung einer neo-utilitaristischen, kapitalistischen Mentalität managementorientierter Hörigkeit, um die sozio-kulturelle Umformung von der Verfleißigung des Menschen zur Verbetriebswirtschaftlichung des Individuums transparent zu machen.