Durch die historisch-gesellschaftlichen Ereignisse nach 1918 – Zerfall der Monarchie, kommunistische, dann faschistische und schließlich sozialistische Regime – konnte Freuds Plan, das Zentrum der psychoanalytischen Bewegung nach Budapest zu versetzen, nie verwirklicht werden. Die ungarische Psychoanalyse geriet durch ihre Isolation aus dem Hauptstrom der Entwicklung heraus. Insbesondere durch die ungarischen Emigranten Melanie Klein, Sandor Rado und Franz Alexander erfuhr das 1920 gegründete Berliner Psychoanalytische Institut einen großen Auftrieb und konnte sich auch durch diese Hilfe zur international angesehenen Ausbildungsstätte entwickeln.
A. gnes Berger Livres




Psychoanalyse hinter dem Eisernen Vorhang
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Berlin und Budapest sind aus der Frühzeit der Psychoanalyse kaum wegzudenken. Nach Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg aber musste die Psychoanalyse in Ungarn und der DDR unter einer kommunistischen Staatsideologie überleben. Wie konnte sie in einer solchermaßen abgeschotteten, repressiven Gesellschaft – nie offiziell verboten, aber als 'Hauspsychologie des Imperialismus' diskreditiert – fortbestehen und sich weiterentwickeln?
Bei der größten Erweiterung der EU im Jahr 2004 wurde Ungarn in die europäische Gemeinschaft aufgenommen. Wie erleben Einzelne in diesen Zeiten des Umbruchs ihre ungarische nationale Identität? Dieser Frage versucht die vorliegende qualitative Studie nachzugehen. Auf Basis ausführlicher persönlicher Interviews sind relevante Komponenten des ungarischen Nationalgefühls herausgearbeitet und auf die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Veränderungen - insbesondere den EU-Beitritt - bezogen worden. Multinationale Unternehmen stellen dabei den Rahmen dar, in dem die meist abstrakten und alltagsfernen nationalen Selbstbilder durch den direkten Vergleich mit westeuropäisch bestimmten, normativen Strukuren in einem reellen Kontext erlebt und formuliert werden. Mit umfangreichem und authentischem Erzählmaterial ermöglicht die Studie Sozialwissenschaftlern ebenso wie einem breiteren interessierten Leserkreis eine intensive Auseinandersetzung mit dieser Thematik.