Korporation und Sittlichkeit
Zur Aktualität von Hegels Theorie der bürgerlichen Gesellschaft
Zur Aktualität von Hegels Theorie der bürgerlichen Gesellschaft
Die kritische Theorie hat seit ihrer Entstehung stets die bestehende Gesellschaft und ihre normativen Ordnungen in den Fokus genommen. Während die frühe kritische Theorie, beeinflusst von Hegel und Marx, vor allem die kapitalistische Produktionsweise kritisierte, verschob sich später das Augenmerk auf die Verständigungs- und Anerkennungsverhältnisse innerhalb dieser Gesellschaft. Diese Verschiebung führte zu einer Veränderung der normativen Maßstäbe der Kritik und stellte die Frage nach den Gründen für die Ausübung von Kritik in den Mittelpunkt des Selbstverständnisses der kritischen Theorie. Der vorliegende Band untersucht die verschiedenen Begründungsformen von Kritik, die sowohl in klassischen als auch in zeitgenössischen kritischen Theorien zu finden sind. Dabei werden klassische Positionen der Frankfurter Schule (Adorno, Habermas, Honneth) sowie Reaktualisierungen kantianischer, hegelianischer und marxistischer Theorien behandelt. Auch aktuelle Ansätze wie der Critical Realism und der Perfektionismus werden berücksichtigt. Der Leser erhält einen differenzierten Überblick über die Begründungsstrategien kritischer Theorien und erkennt, inwiefern die kritische Theorie einen unverzichtbaren Beitrag zur zeitgenössischen Philosophie und Gesellschaftstheorie leistet. Beiträge stammen von namhaften Autoren wie Peggy Breitenstein, Hauke Brunkhorst und Hartmut Rosa.
Dass Hegels Theorie der bürgerlichen Gesellschaft nicht nur von antiquarischem Interesse ist, belegt ihre Vorbildfunktion für Axel Honneths normative Rekonstruktion des Marktes. Sven Ellmers zeigt, dass sich Hegels anspruchsvoller Versuch, die atomistische Marktgesellschaft in seine Theorie der Sittlichkeit zu integrieren, als einerseits zwar wenig überzeugend erweist, andererseits aber dennoch instruktiv ist. Unter analytischen Gesichtspunkten ist Hegels Theorie Marx' Kritik der politischen Ökonomie unterlegen, unter normativen Gesichtspunkten bereichert sie die Diskussion um zwei Grundfragen kritischer Theorie: Welche Gründe sprechen gegen den Kapitalismus, und welche Formen der Sozialität zeichnen die Wirtschaft eines freien Gemeinwesens aus?
Bedarf eine kritische Gesellschaftstheorie eines normativen Maßstabs? Diese Frage wurde bisher vornehmlich in der Diskursethik (Habermas, Apel) und in liberal-kontraktualistischen Gerechtigkeitstheorien (Rawls) gestellt, allerdings ohne die Einsichten zu berücksichtigen, welche die Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx bereithält. Die in diesem Band versammelten Aufsätze sind Ergebnisse der Tagung „Die Moral in der Kritik“, die vom Institut für Sozialtheorie organisiert wurde und im November 2010 in Bochum stattfand. C. Zunke: Es gibt nur einen vernünftigen Grund, Freiheit gesellschaftlich verwirklichen zu wollen: Moral – C. Henning: Werte und menschliche Natur: Die Moral des Perfektionismus – K. Lindner/U. Lindner: Das Verhältnis von Kritik der politischen Ökonomie als Wissenschaft und normativer Argumentation bei Marx – M. Vollmann: Psychoanalytische Kulturkritik als radikale Moralkritik? Freuds antimoralisches Selbstmissverständnis – G. Schweppenhäuser: Humane Zellen im inhumanen Allgemeinen? Adornos negative Moralphilosophie
Der Klassenbegriff bei Karl Marx wird heute als wirklichkeitsinadäquat abgelehnt. Dabei wird in der Rezeption seiner Schriften kaum zur Kenntnis genommen, dass Marx das Wort ‚Klasse’ in unterschiedlichen Kontexten verwendet. Der von zahlreichen Soziologen proklamierte Abschied von der Marxschen Klassentheorie gründet überwiegend auf einer unzulässigen Einebnung der programmatischen Unterschiede von Form- und Sozialstrukturanalyse. Das vorliegende Buch zeigt, dass die Kritik der politischen Ökonomie als eine eigenständige Disziplin innerhalb der Sozial- und Ungleichheitsforschung zu gelten hat, die unvermindert Aktualität besitzt.