Psychoanalytische Zeitdiagnosen nehmen die Gegenwart aus dem Verständnis vergangener Entwicklungen in den Blick und beziehen sich dabei auf das Unbewusste in gesellschaftlichen Kollektiven. Die Autor*innen des Bandes widmen sich aktuellen Umbruchserfahrungen aus psychoanalytischer und psychotherapeutischer Perspektive. Zeitdiagnosen nehmen die Gegenwart in den Blick und fordern ein Verständnis aktueller Gegebenheiten aus den Entwicklungen der Vergangenheit heraus. Psychoanalytische Zeitdiagnosen erweitern diesen Fokus, indem sie auf das Unbewusste rekurrieren: auf unbewusste Konflikte, Ängste und Motive, auf Abwehrvorgänge und Kompromissbildungen, so wie sich diese auch in gesellschaftlichen Kollektiven manifestieren.Aktuell ist eine Vielzahl gesellschaftlicher, politischer, sozialer und ökologischer Umbrüche zu beobachten, ein Erstarken nationaler Kräfte, die Wiederaufrichtung von Grenzen, eine beschleunigte Digitalisierung, eine Kultur der Selbstoptimierung, der Verlust der Bindung in der Gemeinschaft und die Leugnung des Klimawandels. Die Autor*innen widmen sich diesen Phänomenen aus psychoanalytischer und psychotherapeutischer Perspektive.Mit Beiträgen von Lothar Bayer, Thomas C. Bender, Cord Benecke, Manfred Beutel, Gudrun Brockhaus, Micha Brumlik, Michael B. Buchholz, Karin A. Dittrich, Natalia Erazo, Mareike Ernst, Rüdiger Eschmann, Clemens Färber, Jeremy Gaines, Alf Gerlach, Benigna Gerisch, Delaram Habibi-Kohlen, Bernd Heimerl, Ewa Kobylinska-Dehe, Berthold König, Helga Krüger-Kirn, Kerstin Sischka, Wilhelm A. Skogstad, Annabell Starck, Martin Teising, Christoph Türcke, Daniel Weimer, Heinz Weiß, Susen Werner, Herbert Will, Hans-Jürgen Wirth und Ralf Zwiebel Inhaltsverzeichnis Einleitung Bru che im gesellschaftlichen Zusammenhalt Politik der Wut Micha Brumlik Ist die Welt aus den Fugen geraten? Psychoanalyse fu r eine u berforderte Gesellschaft Ewa Kobylinska-Dehe Brexit narzisstische Verfu hrung und Selbstschädigung Wilhelm A. Skogstad Erschöpfte Strukturen: Über Spaltung und Integration Klemens Färber Umbru che durch Digitalisierung und Technisierung Digitale Gefolgschaft Christoph Tu rcke Der Verlust der Intimität social scoring im autoritären Staat, self-disclosure im Internet Alf Gerlach »Autonomie« in digitaler Gefangenschaft. Selbstbestimmt und unbewusst Martin Teising Demokratie in der Bewährung Unfähig zu trauern: Deutschlands dissoziales Erbe. Ein Abriss Thomas C. Bender Hass-Spektakel politische Erlebnisangebote als Grenzu berschreitungen Gudrun Brockhaus Zeitgeist auf der Kippe: Zwischen Rechtspopulismus und gru nem Aufbruch Hans-Ju rgen Wirth Gesellschaftliche Umbru che im Spiegel der klinischen Praxis Fragile states apokalyptische Seelenzustände und ihre Vergemeinschaftung Kerstin Sischka & Jonas Bolduan Klinische Arbeit in Zeiten von Corona und Populismus zur »Unerträglichkeit« von Selbstzweifel, Versagensangst, Schuld und Scheitern Karin A. Dittrich Von der Wiege bis zur Bahre, von der Krippe bis ins Pflegeheim. Bulimie, ADHS und Demenz als Beziehungs- und Dekontextualisierungsstörungen Daniel Weimer Bedrohungen der Lebenswelt und ihre Verleugnung Gegenwärtige Veränderungen des Realitätsbezugs: Perverse Strukturen in sozialen Zusammenhängen. »Dieselgate« als Zeitphänomen Lothar Bayer & Jeremy Gaines Von der Macht des Wunschdenkens zur Macht des Subjekts Delaram Habibi-Kohlen Der Stand der Dinge. Filmpsychoanalytischer Kommentar zu Parasite (2019) von Bong Joon Ho Ralf Zwiebel Spiegelbilder einer pandemischen Entwicklung Mentalitäten von Verleugnung und Verschwörung Ru diger Eschmann Empathie in Zeiten der Distanzierung Distanz in Zeiten der Empathie. Ein pandemiegeprägter Blick auf das emotionale Verstehen Natalia Erazo Einsamkeit eine Zeitdiagnose in der COVID-19-Pandemie? Psychoanalytische Perspektiven auf ein hochaktuelles Phänomen Mareike Ernst & Manfred E. Beutel Zählen, Messen, Optimieren »Große Zahlen fu hlen sich gut an, kleine sind egal.«. Zur psychodynamischen Bedeutung quantifizierender Körperoptimierungspraktiken Benigna Gerisch Zwanghaft oder optimiert? Zählen und Messen als Zeitphänomen oder als Symptom einer Zwangserkrankung. Beobachtungen aus der aktuellen Studie zur psychodynamischen Kurzzeittherapie von Zwangserkrankungen (PDT-OCD-Studie) Annabelle Starck & Heinz Weiß Neubestimmungen der Geschlechtsidentität Auch aus der Behandlung einer Patientin sowie die Frage nach der Aporie imRahmen der Wunscherfu llung Susen Werner Die neue Choreografie der geschlechtlichen Ordnung. Überlegungen zur zeitdiagnostischen geschlechtlichen Identitätskategorie »non-binär« Bernd Heimerl Das vir-feminale Bewusstsein. Eine postpatriarchale Perspektive Berthold König Un-/Gleichzeitigkeiten imfamilialen Geschlechterverhältnis. Zur Dominanz und Marginalisierung des Ödipuskomplexes im psychoanalytischen und gesellschaftlichen Familien-Diskurs Helga Kru ger-Kirn Herausforderungen fu r die Psychoanalyse Psychoanalytische Zeit in einer beschleunigten Welt. Die 50-Minuten-Stunde und die Bedeutung der Uhr Herbert Will Die Hu tte brennt! Psychoanalyse der Zukunft der Psychoanalyse Wiederaufnahme unter alarmierenden Bedingungen Michael B. Buchholz »Tiefenpsychologisch«, »psychodynamisch«, »analytisch«, »psychoanalytisch« welche Unterscheidungen ergeben heute eigentlich noch Sinn? Cord Benecke
Cord Benecke Livres






Mimischer Affektausdruck und Sprachinhalt
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- 11 heures de lecture
Der Autor verknüpft so verschiedene Forschungsbereiche wie Emotionstheorie, Entwicklungspsychologie, interpersonelle Theorie und Psychoanalyse und entwickelt daraus ein Modell der Funktionen des mimisch-affektiven Verhaltens von Therapeuten in Psychotherapien. Dabei wird zwischen interaktiven Affekten und objektbezogenen Affekten unterschieden, wodurch sich zwei Felder der Intersubjektivität eröffnen: einmal die von Patient und Therapeut kreierte Beziehungsgestalt im Hier und Jetzt, zum anderen die gemeinsam geteilte und gemeinsam konstruierte Repräsentanzwelt. Je nach Bezugsfeld haben die gleichen affektiven Zeichen unterschiedliche Funktionen und tragen in unterschiedlicher Weise zur Qualität der aktuellen Beziehung bei. Diese Unterscheidung liegt der aufwendigen empirischen Analyse zugrunde, deren Ergebnisse neue Einblicke in das komplexe Verhältnis zwischen Affekt, mentaler Repräsentanz, Interaktion und psychotherapeutischem Veränderungsprozess vermitteln.
Angst, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Scham, Wut, Neid ...: Psychische Störungen sind immer eng mit negativen Affekten verknüpft. Daher spielen solche Gefühle - sowohl auf Seiten der Patienten als auch der Therapeuten - eine besondere Rolle in jeder Psychotherapie. Der Autor beschreibt in diesem Band ein integratives Rahmenmodell zum Verständnis psychischer Störungen. Ausgehend davon erläutert er kenntnisreich typische Manifestationen von Kern-Affekten in der Psychotherapie sowie deren Diagnostik und illustriert anhand von ausführlichen Fallbeispielen den Umgang damit. Den Abschluss bildet ein Blick in die Psychotherapieprozessforschung, der die Bedeutung der Arbeit an negativen Affekten hervorhebt.
Nach wie vor existiert eine starke Konkurrenz der „Schulen“ im Bereich der Psychotherapie, nicht nur in Bezug auf die Krankenversorgung, sondern auch auf das, was konzeptuell und therapeutisch für angemessen und effizient gehalten wird. In diesem Buch geht es um einen Vergleich zwischen den beiden auch international bedeutsamsten Richtungen, den Kognitiven Verhaltenstherapien und den Psychodynamischen Therapien. Zentrale Konzepte in beiden Therapieverfahren wie Vorstellungen zum Unbewussten, zu Beziehungsmustern, zum therapeutischen Vorgehen, aber auch zum Menschenbild werden historisch hergeleitet und miteinander in Beziehung gesetzt. Auch die Konsequenzen für die therapeutische Praxis werden benannt.
Psychoanalyse der Angststörungen
Modelle und Therapien
Angststorungen zahlen zu den haufigsten psychischen Storungen. Ein Grossteil der Betroffenen leidet zudem an weiteren psychischen Storungen. Der Band stellt die aktuellen Klassifikationen der Angsterkrankungen und psychoanalytische Konzeptualisierungen vor. Fur unterschiedliche Entwicklungsniveaus der psychischen Struktur beschreiben die Autoren charakteristische Umgangsweisen mit Angst und die mit ihnen verbundenen Angststorungen und Konflikte. Auf diesen Konzepten bauen Behandlungsmodelle fur die verschiedenen Angststorungen auf. Strukturelle Einschrankungen, intrapsychische und interpersonelle Konflikte werden mit Fallbeispielen illustriert, Verbindungen zu nicht-psychoanalytischen Therapieansatzen betont. Die Autoren stellen psychoanalytische Behandlungskonzepte ausfuhrlich dar und geben Hinweise zur Indikationsstellung fur Kurz- und Langzeittherapien.
Motivation und Emotion
Psychologische und psychoanalytische Perspektiven
In diesem Band werden die allgemeinpsychologischen sowie die psychoanalytischen Motivations- und Emotionstheorien behandelt. In Teil 1 werden die allgemeinen Motivationstheorien den psychoanalytischen gegenübergestellt. Dabei wird besonders auf die starken Wandlungen der Motivationskonzepte in der psychoanalytischen Theoriebildung eingegangen. In Teil 2 werden die Ansätze der psychologischen Emotionsforschung dargestellt, um dann die psychoanalytische Sichtweise der Emotionen und Affekte zu beschreiben. Hierbei geht es vor allem um die Frage nach der Existenz unbewusster Emotionen. Ergebnisse der klinischen Emotionsforschung zeigen interpersonelle Beziehungen als das Manifestationsfeld von Motiven und Emotionen. Abschließend werden die erarbeiteten Bausteine in ein Modell der Emotionsdynamik integriert sowie eine mentalisierungstheoretisch basierte Neukonzeption des Triebbegriffs vorgeschlagen.
Das Lehrbuch stellt die Komplexität der Klinischen Psychologie und Psychotherapie in ausgewogener Weise dar, indem auf die aktuellen Konzepte der unterschiedlichen theoretischen Orientierungen eingegangen wird. Als integrierender roter Faden wird die in allen modernen Modellen zentrale Dimension der Emotionsregulierung herausgearbeitet. Emotionale Prozesse bilden den Kern psychischer Störungen und sind gleichzeitig hochgradig vernetzt mit anderen psychischen Dimensionen wie kognitiven Prozessen, unbewussten Konflikten, Beziehungsmustern etc. Die Bearbeitung von emotionalen Prozessen kann als gemeinsamer Nenner moderner Psychotherapien gesehen werden, wie auch die Ergebnisse der Psychotherapie-Prozessforschung zeigen. Das Lehrbuch zeichnet sich durch eine starke Vernetzung der unterschiedlichen Themen aus. Dadurch gelingt eine ausgewogene und konsistente Darstellung des gesamten Fachgebietes.
Emotionen spielen in der Psychopathologie und Psychotherapie eine zentrale Rolle. Ebenso besteht ein weitgehender Konsens darüber, dass psychische Störungen zu einem großen Teil als Beziehungsstörungen verstanden werden können, in dem Sinne, dass sie innerhalb von Beziehungen entstehen und sich überwiegend innerhalb von Beziehungen manifestieren und perpetuieren; zudem ist die Qualität der therapeutischen Beziehung einer der wichtigsten Wirkfaktoren von Psychotherapie. Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, die Zusammenhänge zwischen den Bereichen Affektivität, Beziehungsrepräsentanzen, therapeutische Interaktion und Symptombelastung bei Patientinnen mit Panikstörung empirisch zu untersuchen. Dahinter steht die Idee, durch die Integration unterschiedlicher Erlebens- und Verhaltensbereiche Einblick in unter Umständen störungsspezifische Dynamiken zu erhalten. Untersucht wurden 20 Patientinnen mit Panikstörung in Interaktion mit ihren Therapeuten. Die Datenanalyse umfasst u. a. Variablen bezüglich Symptombelastung, Emotions- und Beziehungserleben, Sprachinhaltsanalysen sowie das mimisch-affektive Verhalten von Patientinnen und Therapeuten. Ein besonderes Augenmerk galt den Verknüpfungen von mimischen Affektausdrücken mit den sprachlich geäußerten Selbst- und Objektrepräsentanzen.