Das spannungsvolle Erbe der zaristischen Tradition Das neue Russland unter Putin ist für uns vor allem eines: unheimlich. Wie berechenbar ist ein Land, das mit aller Macht zu alter Größe zurück will - und dabei von ungelösten Konflikten im Inneren zerrieben wird? Die literarische und politische Elite des halb-asiatischen Imperiums Russland misst sich seit eh und je am westlichen Nachbarn, an Europa. Doch im Vergleich zu Deutschland oder Frankreich hat das Riesenreich keines seiner zahlreichen Probleme konsensfähig gelöst. Es wird von Geheimdiensten in weiten Teilen beherrscht und gelenkt. Kerstin Holm zeichnet vor dem Hintergrund der Verhaftungen und Morde an kritischen Journalisten ein zeitgeschichtliches Panorama des Landes - und seiner Selbstdeutung in Literatur und Musik. Es sind der Romancier Wladimir Sorokin, die Dichterin Alina Wituchnowskaja und die so gegensätzlichen Komponisten Wladimir Martynow und Wladimir.
Kerstin Holm Livres



Rubens in Sibirien
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Der Umgang mit der sogenannten Beutekunst aus dem Zweiten Weltkrieg ist ein heikles und komplexes Thema in den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Eine Vielzahl von Kunstwerken und Kulturgütern wurde von deutschen und später von russischen Soldaten als Trophäen geraubt. Bis zum Zerfall der Sowjetunion wurde die Existenz solcher Raubgüter in russischen Sammlungen geleugnet. Seit den 1990er Jahren ist jedoch bekannt, dass Beutekunst nicht nur in großen Museen wie der Eremitage in St. Petersburg, sondern auch in Provinzmuseen in Städten wie Nischni Nowgorod, Tula und Irkutsk zu finden ist. Kerstin Holm, die seit sechzehn Jahren als Kulturkorrespondentin die russischen Provinzmuseen untersucht, entdeckte Werke aus Berlin, Potsdam und Schwerin, die viel über die Schwächen ihrer Räuber und die russische Malerei verraten. Holm geht dem Thema Beutekunst auf unkonventionelle Weise nach und stellt überraschende Fragen: Wie wird diese andere Kunst rezipiert? Inwieweit hat die Konfrontation mit westlichen Sehweisen die russische Kunst und die Betrachter beeinflusst? Sie verdeutlicht, dass Beutekunst nicht nur eine politisch-juristische Dimension hat, sondern auch eine kunsthistorisch-menschliche.
In den gängigen Russland-Büchern taucht Korruption nur als Verweis oder Klischee auf. Welche Gestalt das Phänomen hat und in welchem Ausmaß Politik, Wirtschaft und Gesellschaft davon betroffen sind, wird erst durch Kerstin Holms Buch greifbar.« die tageszeitung Nichts schweißt die russische Gesellschaft so eng zusammen wie das Prinzip der Korruption. Wer über Macht und Geld verfügt, kann nicht nur träge Beamte in Bewegung setzen, sondern auch Recht und Gesetz umgehen, wo es den eigenen Interessen im Weg steht. Gegen »angemessene Bezahlung« kann man sich den Wehrdienst ersparen oder sich allerhand ausgefallene Wünsche wie etwa ein eigenes Blaulicht auf dem Wagen erfüllen. Das Schattenreich von staatlichen Institutionen, Wirtschaft und organisierter Kriminalität ist ein kaum zu durchdringender Dschungel geworden, die Alltagskorruption der kleinen Leute notwendige Überlebenstechnik. Kerstin Holm sieht in diesem Phänomen mehr als die gesteigerte Form der Bestechlichkeit, die ja auch in Westeuropa grassiert. Die russische Spielart erfasst die gesamte Gesellschaft, so z. B. auch die Kirche, und ist eine wesentliche Ursache der sozialen, politischen und ökonomischen Probleme, unter denen das Land von der Zarenzeit bis heute leidet. Kerstin Holm bietet ein aktuelles Porträt der russischen Gesellschaft und macht darüber hinaus deutlich, warum es für Russland so schwierig ist, den Anschluss an Europa zu finden.