Das Motiv des Selbstmords zieht sich durch Gerhart Hauptmanns gesamtes Schaffen, von seinem Frühwerk bis zur Atridentetralogie. In 19 Dramen spielt Selbsttötung eine zentrale Rolle, doch wurde dieses Kernmotiv bislang wenig untersucht. Diese Analyse beleuchtet erstmals Hauptmanns lebenslange Auseinandersetzung mit Suizid, gestützt auf bisher unveröffentlichte Tagebuchaufzeichnungen und seine Bibliothek. Neben philosophischen Schriften rezipierte Hauptmann zahlreiche literarische Werke, in denen das Suizidmotiv zentral ist, was als intertextuelle Bezugnahme zu seinem eigenen Werk dient. Der Hauptteil der Studie zielt darauf ab, die Motivforschung methodisch zu fundieren, indem die synchronen und diachronen Analysen kombiniert werden. Das Suizidmotiv wird systematisch nach Gattungen differenziert und in detaillierten Einzeltextanalysen an Gedichten, Romanen, einer Novelle und Dramen untersucht. Dies ermöglicht, Charakteristika von Motivkontinuität und -wandel im Gesamtwerk zu erschließen. In drei Motivlängsschnitten wird der Wandel des Motivs von sozialkritischen und psychopathologischen Aspekten im Frühwerk über neomystische Verklärungen bis hin zur Mythisierung von Suizid im Spätwerk herausgearbeitet, was nicht nur für Hauptmanns Werk, sondern auch für seine Epoche charakteristisch ist.
Christel Erika Meier Livres
