Denationalisierung des Privatrechts?
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Studien zur Privatrechtskoordinierung in der Europäischen Union auf den Gebieten des Gesellschafts- und Vertragsrechts
Eva-Maria Kieninger behandelt eine Grundfrage der gegenwärtigen Rechtsentwicklung in der EU: Soll der Prozeß der Harmonisierung fortgesetzt werden oder wäre es besser, die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen einem Wettbewerb untereinander zu überlassen? Diese Frage stellt sich nicht nur im Hinblick auf das Steuer-, Umwelt- oder Sozialrecht, sondern auch für das Privatrecht, das wegen der in weiten Bereichen herrschenden Rechtswahlfreiheit auf den ersten Blick sogar besonders prädestiniert für einen institutionellen Wettbewerb erscheint. Zunächst wird ein ökonomisches Modell des institutionellen Wettbewerbs aufgestellt und auf das Privatrecht übertragen. Dann wird für die Bereiche des Gesellschafts- und Vertragsrechts untersucht, ob die Voraussetzungen eines funktionsfähigen Wettbewerbs gegeben sind und mit welchen Wirkungen im Erfolgsfall zu rechnen wäre. Dabei werden rechtsvergleichend die US-amerikanischen Erfahrungen mit dem Wettbewerb im Gesellschaftsrecht einbezogen. Schließlich widmet sich Eva-Maria Kieninger der Frage, ob und inwieweit ein institutioneller Wettbewerb mit dem Binnenmarktziel kompatibel wäre. Aktueller Anlaß der Arbeit ist unter anderem die 'Centros' -Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 1999, in der der Gerichtshof erstmals den Topos des 'Wettbewerbs der Rechtsordnungen' verwendet und zu einer ausdehnenden Interpretation der Niederlassungsfreiheit herangezogen hat.
„Recht in Gefahr?“ war das Generalthema der 37. Zweijahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Internationales Recht (DGIR), die vom 9. bis 11. März 2022 in Heidelberg stattfand. An der dreitägigen Konferenz wurden völkerrechtliche und international-privatrechtliche Fragen von Internationalität und Renationalisierung (u. a. am Beispiel des Gewaltverbots), Zusammenspiel und Antagonismus von nationaler und internationaler Ordnung an den Beispielen des privatrechtlichen Einheitsrecht und des Völkerrechts der natürlichen Ressourcen, die Frage einer „Überdehnung“ der internationalen Menschenrechte sowie die Reform der Schiedsgerichtsbarkeit und Krise der staatlichen Gerichtsbarkeit behandelt. Die Referate hielten Jochen von Bernstorff, Christina Binder, Sigrid Boysen, Christine Budzikiewicz, Hans-Georg Dederer, Martin Gebauer, Michael Stürner und Matthias Weller. Sie eröffneten jeweils international-privatrechtliche und völkerrechtliche Perspektiven, die in kontroversen Diskussionen vertieft wurden. Dieser Band beinhaltet neben einer Zusammenfassung der Podiumsdiskussion zum russischen Angriff auf die Ukraine die Ausarbeitungen der Referate sowie Wortbeiträge der Gelehrten, die beide Fächer der DGIR vertreten: die Völkerrechtswissenschaft und das Internationale Privatrecht.“
Das Internationale Privat- und Verfahrensrecht wird derzeit in atemberaubendem Tempo europäisiert. Das EGBGB und andere nationale Quellen werden am Ende dieses Prozesses nur noch marginale praktische Bedeutung haben. Damit war es für die 16. Würzburger Europarechtstage höchste Zeit, sich der Europäisierung des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts zu widmen. Dieser Band versammelt die Beiträge von sieben renommierten Autoren aus dem In- und Ausland, aus Praxis und Wissenschaft. Schwerpunkte sind das Europäische Gesetzgebungsverfahren, die Rolle des EuGH bei der Europäisierung des Internationalen Zivil- und Verfahrenrechts, die Auswirkungen des Europäisierungsprozesses auf das Common Law, die Rechtswahlfreiheit im Internationalen Vertragsrecht und die Behandlung international zwingender Vorschriften, sowie die Anknüpfung für Umweltdelikte unter der Rom II-Verordnung. Kritische Reflexionen zur weiteren Beschleunigung grenzüberschreitender Rechtsdurchsetzung im Prozess vervollständigen den Band.