In dreizehn Beiträgen wird eine grundlegende Neubestimmung des Problems der Erziehung angestoßen, vor dem Hintergrund tiefgreifender Umbrüche im Selbstverständnis der Menschen und ihrer gesellschaftlichen Formationen. „Erziehung“ gilt heute als eines der fragwürdigsten pädagogischen Konzepte. Trotz der verstärkten Initiativen öffentlicher Erziehungsprojekte aufgrund der angeblichen Orientierungslosigkeit der Jugend, bleibt ein tiefes Misstrauen gegenüber der aufklärerischen Überzeugung, dass Erziehung der Schlüssel zur Humanität sei. Proklamationen des „Endes der Erziehung“ stehen neben dem erhöhten, insbesondere ethisch motivierten Erziehungsbedarf. In dieser Situation ist eine grundlegende Reflexion über den Begriff und die Möglichkeiten von Erziehung notwendig. Die „Kommission Bildungs- und Erziehungsphilosophie“ der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft präsentiert in diesem Band dreizehn Beiträge, die einen Neubeginn des Erziehungsdenkens anstoßen. Im Fokus stehen erziehungsphilosophische Analysen gesellschaftlicher Transformationen, die Beziehung zwischen Erziehung und Bildung sowie das Verhältnis der Generationen. Diese Themen werden unter verschiedenen inhaltlichen Akzentuierungen beleuchtet, mit Beiträgen von renommierten Autoren wie René Vincente Arcilla, Micha Brumlik und vielen anderen.
Jan Masschelein Livres



Jenseits der Exzellenz
Eine kleine Morphologie der Welt-Universität
Die Autoren formulieren eine Auffassung der öffentlichen Rolle der Universität, die von Kants Idee eines »öffentlichen Gebrauchs der Vernunft« angeregt ist. Dieser öffentliche Gebrauch der Vernunft erfordert ein Ethos des Experimentierens und der aufmerksamen Sorgfalt sowohl von ›Professoren‹ wie von ›Studenten‹ als den ›Bewohnern‹ der Universität: einer öffentlichen Versammlung, die sich mit Dingen von Belang, ja mit Wahrheitsdingen beschäftigt. Inwieweit – in welchen Praktiken von Lehre, Forschung und Veröffentlichung – muss die aktuelle ›Netzwerk-Universität‹ demgegenüber als private Maschine betrachtet werden? Weithin regiert ein unternehmerisches Ethos des Gehorsams, das sich vor einem Tribunal der Qualität, der Evaluierung und der Akkreditierung verantwortet, im Geiste eines »Privatgebrauchs« der Vernunft im wahrsten Sinne. Wie ist dies zu vermeiden – und wie ist die Netzwerk-Universität dennoch als öffentliche Institution aufrechtzuerhalten? Es ist an der Zeit, zu analysieren, wie das derzeitige Streben nach Exzellenz jegliche Ansätze von »öffentlicher Versammlung« im Keim erstickt.
Das Buch thematisiert das Unbehagen über die Diskussion von Erziehung und Bildung im Kontext der Globalisierung. Begriffe wie Elite, 'lernende Gesellschaft', internationale Vergleichbarkeit und Rankings prägen den Diskurs. Die Autoren hinterfragen, wer die Bewohner dieser 'Wissensgesellschaft' sein sollen und wie ihr Zusammenleben aussieht. Sie zeigen, dass ein Bildungs-Regime entsteht, das Marktelemente integriert und Selbstführung als Schlüssel zum Überleben im Bildungsmarkt fordert. Dies erfordert den vollen Einsatz menschlichen und sozialen Kapitals und zielt auf ein 'Erwachsenwerden' ab. Die von den Autoren entworfene Kartographie des neuen Bildungsraums offenbart jedoch auch, was nicht gewollt ist und was auf dem Spiel steht. Das vorherrschende Regime verlangt nach 'rückhaltloser Erwachsenheit' und unterläuft damit das, was als 'Kindheit' beschrieben wird – etwas, das nicht kapitalisiert werden kann. Dies stellt die zentrale Last und Verpflichtung unseres Zusammenlebens dar. Der Bildungsdiskurs könnte in einer 'globalen Immunisierung' münden. Die Autoren regen an, über alternative Denk- und Schreibweisen in Bezug auf Unterricht und Bildung nachzudenken. Sie kritisieren, dass das Regime uns auffordert, 'erwachsen' und 'mündig' zu werden, während es gleichzeitig die Emanzipation von nicht selbstgewählten Verpflichtungen und deren Kapitalisierung verlangt.