Normen und Ethos
Schreiben Archivarinnen und Archivare Geschichte?
Mit dem Untertitel Schreiben Archivarinnen und Archivare die Geschichte? lädt die Wiener trinationale Archivtagung vom 19. bis 21. April 2017 ein, die Überschneidungen und Gemeinsamkeiten von Archivarbeit und Geschichtsschreibung zu untersuchen. Diese Frage ist aus mehreren Gründen relevant: Erstens ist archivarische Tätigkeit ohne historische Kenntnisse undenkbar. Daher hat ein Großteil des Archivpersonals ein Geschichtsstudium absolviert und kann sowohl die Bedürfnisse des Archivs als auch der Forschung berücksichtigen. Zweitens ist die Mehrheit historischer Forschung auf Archivbestände angewiesen, um valide, quellengestützte Aussagen über die Vergangenheit zu treffen. Die Frage, ob Archivarinnen und Archivare die Geschichte schreiben, kann bejaht werden, jedoch mit Einschränkungen. Geschichtsschreibung ist ein komplexer Prozess, in den verschiedene Theorien, Thesen und Forschungsfragen einfließen. Zudem haben auch Vertreter anderer Berufsgruppen, wie Journalisten oder Mitarbeiter von Gedenkprojekten, Einfluss auf die Entstehung von Geschichtsbildern. Politiker und Forschungsförderungsgesellschaften schaffen durch finanzielle Zuweisungen Rahmenbedingungen für die Geschichtsforschung. Angesichts dieser Aspekte wäre es unzulässig, Archivaren einen Primat in der Geschichtsschreibung zuzusprechen. Dennoch kommt Archiven und ihrem Personal eine spezifische Rolle im komplexen Prozess der Geschichtsschreibung zu.

