Hospitäler entwickelten sich erst im 12. Jahrhundert zu eigenständigen Institutionen, wurden dann aber zu den wichtigsten Einrichtungen privater und öffentlicher caritas. Durch unterschiedliche methodische Ansätze und aus verschiedenen Quellengattungen wird hier die Heterogenität und institutionelle Vielfalt mittelalterlicher Hospitäler in den Blick genommen. Dies führt zu einem Themenspektrum, das von der inneren Verfassung dieser Einrichtungen, von den für sie geltenden Normen über die Finanzierung und die Memoria bis hin zu ernährungsgeschichtlichen und medizinhistorischen Fragen reicht. Dabei lassen sich die Autoren von der Erkenntnis leiten, dass es das mittelalterliche Hospital nicht gab, sondern dass jede einzelne Einrichtung ihr eigenes Gesicht besaß.
Sankt Ulrich und Afra und der monastisch-urbane Umkreis im 15. Jahrhundert
398pages
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Der vorliegende Band widmet sich den monastischen Reformen des 15. Jahrhunderts und ihren Folgen mit dem Fokus auf das Augsburger Benediktinerkloster Sankt Ulrich und Afra. Dabei werden verschiedene Fragestellungen in den Blick genommen. So geht es um die Folgen der Melker Reform im Bereich des lateinischen und deutschsprachigen Schrifttums in verschiedenen Gattungen und Disziplinen, darunter Theologie und Rechtswissenschaft; auch soll aus kunstgeschichtlicher und musikwissenschaftlicher Sicht nicht zuletzt die kirchliche Liturgie untersucht werden. Als Untersuchungsobjekte bieten sich das Augsburger Ulrichskloster und im Vergleich dazu Tegernsee in geradezu idealer Weise an, weil sie gleichermaßen zur Melker Observanz des Benediktinerordens gehören und zugleich paradigmatisch Stadt und Land repräsentieren. Ein solcher Vergleich ist bislang noch nicht unternommen worden. Überdies kann mit dem Konzept des Bandes an aktuelle Forschungsparadigmen wie etwa 'Vorreformation' angeknüpft werden. Für Augsburg speziell wird, abgesehen von wichtigen Arbeiten zum literarischen Leben insgesamt, grundsätzlich und systematisch nach dem literarischen Ertrag von Melker Reform (für Sankt Ulrich und Afra) sowie Raudnitzer Reform (für Sankt Georg und Heilig Kreuz) gefragt, was in dieser Konsequenz bislang unterblieben ist.
Kirchliche Kommunikationen und Raumstrukturen im Mittelalter
396pages
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Im Verlauf des 11. Jahrhunderts fordert das Papsttum zunehmend eine universale Zuständigkeit für jeden Christen. Wenn auch dieses Programm nicht vollständig realisiert wurde, so ist es doch das erfolgreichste Beispiel herrschaftlicher Raumerfassung im mittelalterlichen Europa. Bis an die Peripherie des Okzidents und auch darüber hinaus bildeten sich geordnete Strukturen der Kommunikation und der Kontaktaufnahme. Die Ausbreitung neuer Rechtsnormen, die Durchsetzung der päpstlichen Delegationsgerichtsbarkeit, die Reformanstöße durch Synoden und Päpste, das Wirken von Legaten und anderen päpstlichen Beauftragten und die politischen Aktivitäten der Päpste waren Instrumente der raumerfassenden Wirkung. Die zentralisierenden Instanzen traten indes in Konkurrenz zur Ausbildung von Netzwerken, so dass Hierarchie durch sich selbst organisierende Beziehungsmuster teils gefestigt, teils ergänzt, teils aber auch geschwächt wurde. Störungen der Kommunikation, die durch nationale Antagonismen und durch politische Rivalitäten hervorgerufen wurden, bedrohten die Einheit. Die Probleme verschärften sich, als am Ende des Mittelalters durch die erfolgreiche Etablierung einer Gegenkirche in Böhmen die Einheit grundsätzlich in Frage gestellt wurde. Der Sammelband behandelt diese Thematik in mehreren Beiträgen, wobei vor allem die Organisation der päpstlichen Gewalt, die rechtlichen Verfahren und die Kommunikationswege religiöser Vorstellungen untersucht werden. Basierend auf einem kommunikationshistorischen Ansatz untersuchen die Beiträge Wege und Barrieren des Informationsaustausches in einer Kirche, die sich als universale Instanz sah und diesen Anspruch mühevoll durchzusetzen versuchte.
Der Liber Regulae des Hospitals von Santo Spirito in Sassia (Rom) ist ein lange nahezu unentdeckt gebliebenes Meisterwerk der Buchmalerei. Die rund 50 illuminierten Seiten des Codex, auf denen in Initialen, bas-de-page-Medaillons und Drolerien das Leben im Hospital in vielfältiger Weise geschildert wird, sind künstlerisch spektakulär und ein wichtiges Zeitdokument. Internationale Spezialisten widmen sich im Auftrag des Kunsthistorischen Instituts in Florenz und des St. Katharinenspitals in Regensburg dem Stil und der Ikonographie der Miniaturen, die Bezüge nach Avignon, Bologna, Assisi und in die Toskana aufweisen, sowie dem Verhältnis von Bild, Text und Ornament, von Seitenlayout, Bild- und Buchraum. Unter Berücksichtigung kodikologischer und paläographischer Befunde diskutieren die Beiträge ferner mögliche historische Kontexte, in denen die Handschrift geschaffen worden sein könnte: am päpstlichen Hof in Avignon oder in Rom, dem Sitz des Hospitals, für den die genauen Kenntnisse des Spitallebens sprechen, welche die Miniaturen erkennen lassen. Ein großer Teil der Prunkhandschrift ist in Farbe abgebildet. Eine Edition und Übersetzung der Ordensregel ergänzt den Band.
Zeremoniell und symbolische Kommunikation in den „Leges Palatinae“ König Jacobs III. von Mallorca (1337)
215pages
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Der vorliegende Tagungsband behandelt eine illuminierte Handschrift von herausragender Qualität, deren Wurzeln und Traditionen bislang unklar sind. Die Zuordnung der Texte, Miniaturen und reich verzierten Initialen war bisher schwierig. Erstmals werden Schritte unternommen, um die Bedeutung dieser Handschrift zu erfassen. Es wird die Frage aufgeworfen, warum ein König ein solches Werk in Form einer Hofordnung gestalten ließ, obwohl es möglicherweise ein Rechtsbuch sein könnte. Die Pracht der Handschrift zeigt Ähnlichkeiten mit späteren Zeremonialbüchern, die das Hofleben regeln und präzise Handlungsanweisungen enthalten sollten. Der Duktus der Texte und Illustrationen betont das „Wie“ der Handlungen, was die soziale Interaktion am königlichen Hof beschreibt. Dies gibt Einblick in die Organisation des Hofes und die Bindung der Adligen an den König. Die Analyse von Text und Bild offenbart das Ideal einer Hofgesellschaft des 14. Jahrhunderts und thematisiert die Nachwirkungen der Leges palatinae. Die Diskussion über die rechtlichen Normen und deren Verbildlichung im historischen Kontext ähnlicher Manuskripte ist ebenfalls zentral. Die Tatsache, dass ein Herrscher kurz vor seiner Entmachtung eine solche Handschrift bei seiner Flucht mit sich führte, unterstreicht deren historische Bedeutung. Die Provenienz dieser katalanischen Handschrift wurde kürzlich von Ulrike Bauer-Eberhardt nachgewiesen.
Die derzeit sehr aktive deutsche Adelsforschung analysiert als Kernbestand der Adeligkeit ihre ständische Verfasstheit, Adelspolitik und Karrierewege sowie Ehre, Familie, ihr ständisches Gedächtnis (Memoria), die Selbstsymbolisierung und die dichte Binnenkommunikation. Der vorliegende Band reiht sich in diese Tradition ein.
Dass sich im Mittelalter zahlreiche religiöse Gemeinschaften mit verschiedenen spirituellen Leitideen formierten, ist einerseits ein kirchen- und speziell ordensgeschichtliches Phänomen. Andererseits entstanden im Zuge dieser Entwicklung Institutionen eigener Art, die gerade auch unter rechtshistorischen und organisationsstrukturellen Aspekten zu vielschichtigen Fragestellungen Anlass geben. Untersucht wird dieses Phänomen hier am Beispiel des Heilig-Geist-Ordens, dessen Mutterhaus das Hospitel von Santo Spirito in Sassia in Rom ist. Der Heilig-Geist-Orden – Hospital und Orden zugleich – war, von Papst Innozenz 1198 gegründet, ein Werk päpstlicher caritas. Auf diese spirituelle Leitidee waren die Ideale des Ordens zentral bezogen. Die Untersuchung dieser Einrichtung und ihres Selbstverständnisses erfolgt nicht chronologisch, sondern gemäß ihren besonderen institutionellen Elementen. Im Blick stehen dabei die Ordensgründung, die Entstehung der Ordensregeln, die Organisationsstruktur und die Verbreitung des Ordens im Kirchenstaat und im Königreich Sizilien sowie seine Ausstrahlung in den europäischen Raum. Dabei werden auch Vergleiche mit den Strukturen der großen Ritterorden (z. B. den Johannitern) gezogen. Schließlich wird das Hospital von Santo Spirito als bedeutender Wirtschaftsfaktor betrachtet sowie als Spielball päpstlicher Macht- und Territorialpolitik. Als Appendix folgt die kritische Edition der Ordensregel.