Die Medizin übernahm im Nationalsozialismus eine neue Aufgabe: die „Ausmerzung“ von als „minderwertig“ qualifizierten Menschen. Personen mit Behinderungen oder psychischen Krankheiten, Angehörige sozialer Randgruppen und Unangepasste wurden verfolgt, eingesperrt und der Vernichtung preisgegeben. Die Heil- und Pflegeanstalt Am Steinhof wurde in den Jahren nach dem „Anschluss“ 1938 zum Wiener Zentrum der NS-Tötungsmedizin, die mindestens 7.500 PatientInnen des Steinhof das Leben kosten sollte. Ausgehend von den Geschehnissen auf dem Gelände der Heil- und Pflegeanstalt Am Steinhof dokumentieren die Ausstellung in der Gedenkstätte Steinhof im Otto-Wagner-Spital der Stadt Wien und der jetzt fertiggestellte Katalog die Hintergründe der Verbrechen und den Umgang damit bis in die jüngste Vergangenheit.
Herwig Czech Livres



Hans Asperger und der Nationalsozialismus
Geschichte einer Verstrickung
Der Wiener Kinderarzt und Heilpädagoge Hans Asperger ist als Erstbeschreiber des Autismus und Namensgeber des Asperger-Syndroms weltbekannt. Er galt lange Zeit als Gegner des nationalsozialistischen Regimes, gar als Retter von Kindern mit Behinderung vor der systematischen Ermordung unter dem NS-Regime. Doch kann dieses Bild einer aktiv widerständigen Position Aspergers aufrechterhalten werden? Herwig Czech legt eine kritische und fundierte Untersuchung von Aspergers Leben, politischer Orientierung und beruflicher Laufbahn vor und während der NS-Herrschaft vor. Anhand von bisher unbekannten Archivdokumenten zeigt er, dass sich Asperger an das Regime anpasste. Er trat mehreren NS-Organisationen bei, unterstützte öffentlich »rassenhygienische« Maßnahmen wie zum Beispiel Zwangssterilisationen und kooperierte in mehreren Fällen mit der »Kindereuthanasie«. So wird deutlich, dass Asperger eine wesentlich problematischere Rolle spielte, als bisher angenommen.