Zwischen U-Bahn-Station und Stripteaselokal preist die Werbung eines Kinos den Film des Abends an. Kondensstreifen von Flugzeugen verheißen Urlaubsziele, an die ein Sandstrand oder der Komfort eines Grandhotels die Reisenden aus ihren Appartements und Hochhäusern lockt. Wer städtische Räume, aber auch manche Landschaft durchstreift, sieht sich von Orten umgeben, die aus der Zeit der klassischen Moderne stammen, dem letzten Drittel des 19. und dem ersten des 20. Jahrhunderts. In 30 Miniaturen entführen uns die Autorinnen und Autoren des Bandes an diese Orte, die die räumlichen Erfahrungen des modernen Menschen bis heute prägen. Damit legen sie Schichten der gegenwärtigen Lebenswelt offen, die uns eher unbewusst geblieben sind. Wer als Leserin oder Leser die hier beschriebenen Orte aufsucht, wird erkennen, wie zentral der Wandel der räumlichen Erfahrung war. Er hat das moderne Lebensgefühl mindestens so sehr geprägt wie der Wandel der Zeiterfahrung. Denn die Welt wurde seit der Wende zum 20. Jahrhundert nicht nur durch Kriege und Globalisierung geografisch neu geordnet, sondern auch vor Ort „im Kleinen“.
Alexa Geisthövel Livres






Auf der Suche nach einer anderen Medizin
Psychosomatik im 20. Jahrhundert
»Was Psyche und Körper stark macht« – Schlagzeilen wie diese begegnen uns heute überall. Rückenschmerzen, Atemnot, Hautausschlag – viele körperliche Beschwerden schreiben wir emotionalen Konflikten, mangelnder Achtsamkeit oder Dauerstress zu. Doch woher stammen derartige Vorstellungen von Psychosomatik? Der vorliegende Band bietet erstmals einen Überblick über die Geschichte der psychosomatischen Medizin in Deutschland. Pointierte Einzeldarstellungen präsentieren ein Panorama, das neben den Spielarten der Psychosomatik im 20. Jahrhundert auch die Suche nach einer Medizin zeigt, die sich als menschlichere Alternative zur modernen, vermeintlich seelenlosen Apparatemedizin verstand.
Medizinisches Gutachten
Geschichte einer neuzeitlichen Praxis
Medizinische Begutachtung als wissendes Handeln vom 16. bis ins 20. Jahrhundert. Wie kam jemand zu Tode? Ist ein bestimmtes Arzneimittel wirksam und ungefährlich? Hat ein Versicherter Anspruch auf eine Unfallrente? Seit der Frühen Neuzeit gehört die Begutachtung zum Repertoire ärztlicher Tätigkeiten, ob vor Gericht, in Form von Sachgutachten oder bei Aufgaben des Gemeinwesens. Die Beiträgerinnen und Beiträger widmen sich erstmals systematisch dieser verbreiteten, in der historischen Forschung aber wenig beachteten Praxis, die der Vorbereitung informierter Entscheidungen in Justiz, Verwaltung und Politik dient. Sie verfolgen das Gutachten als eine Form des wissenden Handelns vom 16. bis zum 20. Jahrhundert. Am Beispiel der Medizin arbeiten sie heraus, dass ein Gutachten keineswegs nur Fachwissen in einen fachfremden Entscheidungszusammenhang überträgt. Vielmehr wirkt das Anwendungsfeld auf die Mobilisierung, Generierung und Strukturierung von Wissen zurück. Diese allgemeinere Perspektive macht den Band nicht nur für die Medizin- und Wissenschaftsgeschichte relevant, sondern auch für andere Disziplinen. Mit Beiträgen von Astrid Albert, Alix Cooper, Heiner Fangerau, Alexa Geisthövel, Urs Germann, Volker Hess, Axel C. Hüntelmann, Saskia Klerk, Sebastian Knoll-Jung, Stephanie Langer, Martin Lengwiler, Thomas Mayer, Andrew Mendelsohn und Irmgard Müller.
Intelligenz und Rasse
Franz Boas' psychologischer Antirassismus zwischen Amerika und Deutschland, 1920-1942
- 325pages
- 12 heures de lecture
Die testpsychologischen Arbeiten des deutsch-amerikanischen Anthropologen Franz Boas und seiner Schule werden in diesem Buch erstmals grundlegend untersucht. Alexa Geisthövel zeichnet die Forschungsstrategien der Boasianer nach und stellt diese denen von US-Psychologen gegenüber, die in den 1920er Jahren rassische Unterschiede der Intelligenz objektiv nachweisen wollten. Zudem geht sie den Beziehungen zwischen dem jüdischen Antirassisten Boas und den deutschen Intelligenzpsychologen und Rasseforschern auf den Grund, um die unterschiedlichen Stile des wissenschaftlichen Rassismus in den USA und Deutschland sowie die Verflechtungen von Rassismus und Antirassismus in der Zwischenkriegszeit sichtbar werden zu lassen.
Popgeschichte
Band 1: Konzepte und Methoden
Dieser Band will die akademische Auseinandersetzung mit der bisher stark vernachlässigten Popgeschichte anregen. Er fächert erstmalig verschiedene Ansätze und Methoden auf, mit denen sich Historiker_innen dem Thema Pop nähern können. Von den Cultural Studies über Körper-, Gender- und Konsumgeschichte bis zur Sound History stellt er verschiedene Zugänge vor und diskutiert ihre Relevanz für die zeitgeschichtliche Forschung. Zugleich führt das Buch Studierende der Geschichtswissenschaften an einen historisch informierten Umgang mit Popkultur heran und bietet benachbarten Wissenschaften eine historische Kontextualisierung ihres Theorieinventars.
Eigentümlichkeit und Macht avancierten im Vormärz zu zentralen Begriffen des Diskurses über die deutsche Nation. Am Beispiel der sogenannten 'schleswig-holsteinischen Frage' wird untersucht, wie das Thema bedrohter deutscher Nationalität mit der Vision einer deutschen Flotte und deutscher Weltmacht verbunden wurde. Die Frage, ob die Einwohner der 'deutschen Herzogtümer' im dänischen Gesamtstaat ihre Nationalität würden bewahren können, entfaltete eine Dynamik, die innerhalb weniger Jahre von friedlicher Koexistenz zu Krieg und Bürgerkrieg führte und 1848 dem Projekt der deutschen Nationalstaatsgründung eine entscheidende Krise bescherte.