Der Herrschafts- und Gestaltungsanspruch der SED war total und umfasste alle Dimensionen der sozialen Wirklichkeit. Ziel war die Etablierung einer sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung, wobei die Kollektivierung der Landwirtschaft der wichtigste Eingriff in die ländliche Gesellschaft war. Auch Kommunalpolitik und kulturelles Leben der Dörfer wurden staatlich interveniert. Doch wie weit reichte dieser soziale Wandel in einem traditionellen, dörflichen Sozialmilieu und wo lagen seine Grenzen? Antonia Maria Humm untersucht diese Fragen anhand der thüringischen Gemeinde Niederzimmern und zieht das württembergische Bernstadt als Vergleich heran. Zunächst wird der Strukturwandel in beiden Dörfern behandelt, gefolgt von der Kollektivierung und den Reaktionen der Bauern. Auch die Durchsetzung der sozialistischen Gesellschaft in der Kommunalpolitik und im kulturellen Leben wird betrachtet. Dabei zeigt sich, dass es in der bäuerlichen Bevölkerung erhebliche Resistenzen gegen die Kollektivierung und die Umgestaltung der ländlichen Gesellschaft gab. Die kulturelle Praxis und die damit verbundenen Werte wiesen eine hohe Stabilität auf, während die politische Mobilisierung der Bevölkerung nicht den gewünschten Erfolg zeigte. Trotz gravierender staatlicher Umgestaltungen blieb die soziale und lebensweltliche Wirkung der neuen Ordnung in vielen Bereichen begrenzt.
Antonia Humm Livres

