In der Geschichte um den bairischen Herzog, der nach einem Zerwürfnis mit Kaiser Otto aus der Heimat fliehen muss und auf Orientfahrt geht, verschmelzen auf raffinierte Weise Reichsgeschichte, Märchen und Abenteuerroman. Auf seiner Reise lernt der Held, dem Fremden – verkörpert durch das Volk der einäugigen Arimaspi – respektvoll zu begegnen. Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Wiederherstellung seiner Ehre. Bis ins Spätmittelalter hinein war dieser Stoff lebendig, immer wieder wurde er neu gestaltet. Mathias Herwegs sorgfältige Neuedition bietet eine textnahe und dennoch gut lesbare Übersetzung, einen Stellenkommentar sowie ein ausführliches Nachwort. Textgrundlage ist die Fassung B des Versromans aus dem 13. Jahrhundert, angereichert um die Bruchstücke der früheren Fassungen A, B und Kl.
Mathias Herweg Livres






Unter den Klassikern der mittelalterlichen Literatur gibt es eine große Unbekannte: die um 1150 entstandene »Kaiserchronik«. Sie ist das erste große Erzählwerk deutscher Sprache, das nicht von biblischen Geschichten, sondern von der Geschichte des Römischen Reiches handelt − von Caesar bis Konrad III. Exempla, Sagen und Legenden gestalten das 17.000 Verse umfassende Werk höchst abwechslungsreich. Diese zweisprachige, reich kommentierte Auswahlausgabe enthält für die nicht aufgenommenen Teile Zusammenfassungen, die den Zugang zum Gesamtwerk erleichtern.
Enzyklopädisches Erzählen und vormoderne Romanpoetik (1400–1700)
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Enzyklopädisches Erzählen als narrative Form, die gelehrtes Wissen in einem bestimmten – Quantität, Ordnung, relative Vollständigkeit und Entproblematisierung anstrebenden – Zugriff narrativ integriert und diskursiviert, ist ein Phänomen, das in der (Gelehrten-)Kultur des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit floriert. Im gleichen Zeitraum entwickelt sich der Roman von einem in der zeitgenössischen Poetik wenig festgelegten Texttyp zur zentralen literarischen Gattung. Er trägt zur Reflexion und Popularisierung von Wissen bei, vermittelt dergestalt zwischen lateinischer Gelehrtenwelt und volkssprachiger Leserschaft und bedient sich historisch-polyhistorischer Formate und Verfahren. Die Beiträge des vorliegenden Bandes widmen sich Fragen nach literatur- und wissenshistorischen Zusammenhängen der skizzierten Entwicklungen und ihren Implikationen für die Entwicklung der Gattung Roman. Sie greifen Forschungsergebnisse der letzten Jahre auf und entwickeln sie in konzeptioneller wie empirischer Hinsicht weiter. Sie bewegen sich im Konvergenzraum von spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Literaturgeschichte, historischer Narratologie sowie Wissensgeschichte. Dabei werden mediävistische und Frühneuzeitforschung planvoll zusammengeführt, um daraus Erkenntnisgewinn für bisher vernachlässigte makroepochale Prozesse zu beziehen. Diese Zusammenarbeit zielt auf die Überwindung von tradierten Epochenkonzepten und Tendenzen disziplinärer Stereotypisierung.
M. Herweg und S. Keppler-Tasaki bieten eine Einführung in die Rezeptionskultur des Mittelalters, mit Rückblicken auf den Humanismus. M.-S. Masse untersucht die Beziehung zwischen Früher Neuzeit und Mittelalter, während C. Wiener Barbarossas Erbe und die Kreuzzüge in der Literatur zur Zeit Maximilians I. beleuchtet. M. Rupp thematisiert die Bedeutung des frühen Mittelalters für Humanismus und Reformation bei Menrad Molther. K. Strobel diskutiert den Tübinger Reim-Faust, und P. Hv. Andersen Vinilandicus analysiert die Wiedergeburt der Nibelungen in Dänemark und auf den Färöern. R. Häfner betrachtet Heinrich Heine und die Troubadour-Poesie, während B. Burrichter die mittelalterliche Grundlage der Moderne in Émile Zolas „Au Bonheur des Dames“ untersucht. C. Lemke thematisiert Draculas Charme und die subversive Kraft mittelalterlicher Ökonomie. J. Haustein beschreibt die Rekonstruktion der Wartburg im 19. Jahrhundert, und H. Siebenmorgen beleuchtet die Idee des „Künstlerklosters“. B. Schlüter analysiert den Romantizismus des Wilhelminismus, während K. Möser das Mittelalter als Code der technischen Kultur um 1900 betrachtet. P. Sprengel untersucht Gerhart Hauptmanns Gotik-Bild. M. Däumer thematisiert die theatrale (Re-)Mythisierung in Eduard Stuckens Artusdramen, und H. Hartmann reflektiert über Mittelalter-Bilder im George-Kreis. A. Böhn behandelt die Mittelalterrezeption im frühen Film, während C. Pinkas die Topologien der Wissens
Mit Ulrichs von Etzenbach „Wilhelm von Wenden“, Heinrichs von Neustadt „Apollonius von Tyrland“, Johanns von Würzburg „Wilhelm von Österreich“, dem anonymen „Reinfrit von Braunschweig“ und dem „Lohengrin“ klingt die Tradition des mittelalterlichen deutschen Versromans um 1300 weitgehend aus. Die Zukunft scheint zunächst der Verschronistik, später dem Prosaroman zu gehören. Das Buch untersucht die Position dieser fünf umfangreichen „Ausläufer“ in der Geschichte des höfischen Romans und folgt dabei den drei Leitperspektiven hybriden, historisierenden und enzyklopädischen Erzählens. Die Texte werden als literarische Reihe erfasst, die im Gefolge der beiden führenden Epiker des späteren 13. Jahrhunderts und im Kontext benachbarter Genres das Verhältnis von Literatur und Geschichte neu abstecken. Reiseszenarien, die vielfältiges Weltwissen narrativieren, sowie komplex inszenierte „Planspiele“ dynastischen Herkommens und fürstlicher Herrschaft spielen eine wichtige Rolle. Diese Elemente gehen mit Exkursen und Digressionen einher, die die scheinbare höfische Idealität der Protagonisten untergraben. Der Zugang des Buches eröffnet neue Perspektiven auf die strittige Gattungsfrage für den deutschen Roman um 1300 und setzt sich kritisch mit dem Fiktions- und Fiktionalitätsbegriff für vormoderne Texte auseinander. Der Ausblick beleuchtet schließlich mögliche Gründe für das Ende der Gattung nach 1300.
Das Buch behandelt die drei ältesten deutschen Texte zeithistorischer Thematik: das althochdeutsche „Ludwigslied“ (881/2), das deutsch-lateinische Gedicht „De Heinrico“ (um 1000) und das frühmittelhochdeutsche „Annolied“ (um 1080). Diese Werke entstanden vor einem bewegten politischen Hintergrund, der ihre spezifische Funktion und Machart prägte: den Normanneninvasionen im zerfallenden Karolingerreich, den Konflikten zwischen bayerischer Herzogsmacht und Königtum im 10. Jahrhundert sowie dem Investiturstreit. Sie loben drei repräsentative Figuren der geistig-politischen Ordnung ihrer Zeit: einen König aus karolingischem Haus, einen Herzog aus einer Seitenlinie der Ottonen und einen bedeutenden Reichsbischof der Salierzeit. Die Texte werden als heterogene, aber verwandte Glieder einer literarischen Reihe untersucht, die enge Bezüge zur zeitgenössischen mittellateinischen Überlieferung aufweist, insbesondere in historiographischen, theologischen und juristischen Schriften. Nach interpretierenden und historisch auswertenden Kapiteln folgt eine detaillierte Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Rezeptions- und Deutungsgeschichte, die bereits im 17. und 18. Jahrhundert begann. Das Buch beleuchtet somit nicht nur die Dichtungen selbst, sondern auch die Entstehung und Geschichte des Fachgebiets, das sich mit ihnen beschäftigt, einschließlich der sich wandelnden geistigen Wurzeln, Methoden und Hauptanliegen.