Mönch Livres

Der Dichter und Komponist der zweiten Hälfte des 14. jahrhunderts mit dem Pseudonym Mönch von Salzburg war ein Autor von europäischen Format. Von der Überlieferung seiner 57 weltlichen und 49 geistlichen Lieder her betrachtet war er sogar der erfolgreichste deutschsprachige Lyriker des ganzen Mittelalters, denn sein Werk ist in über hundert Handschriften nicht nur im bayrisch-österreichischen Raum, sondern von Udine und Laibach bis Leipzig und Rostock, von Sterzing und St. Gallen bis Prag, Krumau und Breslau überliefert. Ein so umfassendes Werk konnte nur an einem kunstsinnigen Hof eines großen Mäzens entstehen: Erzbischof Pilgram II. von Puchheim (1365-1396) war nicht nur der geistliche und weltliche Herrscher des politisch unabhängigen, reichen Erzbistums Salzburg, sondern auch ein internationaler Diplomat zwischen Prag und Avignon in den Bemühungen zur Beilegung des Großen abendländischen Schismas. Unser Autor war in seinem höfischen Gefolge und hat die romanische Kultur Avignons genauso kennen gelernt wie die Blüte der Literatur und Kunst in Prag. So hat er die erste Mehrstimmigkeit im deutschsprachigen Lied komponiert, die durch Guillaume de Machaut in Avignon und Prag bekannt war.

Gut einhundert Jahre nach der maßgeblichen wissenschaftlichen Ausgabe werden die 57 weltlichen Lieder des 'Mönchs von Salzburg' in einer neuen Edition präsentiert. Diese umfasst sowohl die Texte als auch die Melodien des Dichterkomponisten des späten 14. Jahrhunderts und eröffnet neue Perspektiven auf die Melodien. Die Untersuchung des Verhältnisses von Überlieferungskorpus, insbesondere der „Mondsee-Wiener Liederhandschrift“, und des OEuvrebegriffs führt zu einem Bild des spätmittelalterlichen Autors, in dem Schulstifter, Dichter und korporative Werkstatt eng miteinander verbunden sind. Die Ideologie der durch die Klaffer gefährdeten heilen Liebe weist auf das 'Gesellschaftslied' des 15. Jahrhunderts hin. Die spezifische Formenkunst des Autors oder Autorenkollektivs wird dargestellt, während ein Kommentar das Verständnis der Texte erleichtert. Die Erkundung aller Überlieferungszeugen, einschließlich bisher unbekannter, verdeutlicht das geistige Umfeld der Tradierung, das auch in die universitäre Sphäre reicht. Zudem wird aufgezeigt, wie in diesem Werk autochthon gerierende und moderne, der ars nova nacheifernde Gesangskulturen auf dem Feld der Mehrstimmigkeit koexistieren. Erstmals wird auch die früheste Übernahme mehrstimmiger französischer Chansonkunst ins deutsche Lied nachgewiesen.

Frontmatter -- Vorwort -- Inhaltsverzeichnis -- EINLEITUNG -- 1. Forschungsbericht -- 2. Der Mönch von Salzburg -- 3. Die geistlichen Lieder -- 4. Die Überlieferung -- 5. Die Einrichtung der Ausgabe -- 6. Bibliographie -- Die Lieder -- Anhang -- Wörterverzeichnis