Ralf H. Livres

Liebesgeschichte vor dem Hintergrund eines Mordes.

AuszugSchlechte Geschichten gibt es nicht. Nur schlechte Autoren. Zumindest war das die Meinung von Rotan Kirschstein, einem knapp 60-jährigen Mann, der davon überzeugt war, etwas von Literatur zu verstehen. Er dichtete. Die Früchte seiner Arbeit reimten sich meist nach dem Motto „Reim dich, oder ich fress’ dich“. Meist verzichtete er auf den längst nicht mehr modernen Reim und konzentrierte sich auf den Sprachrhythmus. Ein Beispiel: Der Sommer war heiß. Ein sanfter Wind umschmeichelte Die sich genüsslich wiegenden Blumen und Gräser. Warten lag in der Luft. Warten auf Lust, Bereitet durch allzeit bereite Insekten. Warten auf den Tod, Verursacht von Menschen und Tieren. Warten lag in der Luft. Ein sanfter Wind umschmeichelte Blumen und Gräser. Rotan war ein Mensch, der viel mit sich selbst beschäftigt war. Nichts was er tat, geschah ohne Grund. Selbst kleine Nebensächlichkeiten konnten in seinem Leben eine gewaltige Bedeutung bekommen.

März 2020 Der 13-jährige Dokuscha Leser muss den Corona-Lockdown bei seinen Großeltern verbringen, die in einer Kleinstadt wohnen. Obwohl niemand außer der Familie die zum Haus gehörende städtische Bibliothek betreten darf, begegnet Dokuscha dort einem Mädchen. Dokuscha ahnt nichts vom Geheimnis der Familie Leser – und nichts von der Gefahr, in die ihn dieses Geheimnis bringt.