„Kinder, macht Neues! Neues! und abermals Neues! – hängt Ihr Euch an’s Alte, so hat euch der Teufel der Inproduktivität, und Ihr seid die traurigsten Künstler!“ Kein Satz Richard Wagners (er entstammt einem Brief vom 8. September 1852 an Franz Liszt in Weimar und richtet sich gegen Berlioz’ und Raffs Praxis der Neubearbeitungen eigener Werke) wurde in den letzten Jahrzehnten so sehr missbraucht wie dieser. So beispielsweise auch, um immer irrwitzigere Wege der Opernregie zu legitimieren oder auch die seit Wagners Tod zweifelhafte, mitunter politische Beschäftigung mit seinem Denken und Schaffen. Nicht die Unmenge an Kitsch und Kuriosa soll hier interessieren, sondern die bislang wenig beachteten, verborgenen oder doch zumindest weniger offensichtlichen Spuren, die Wagners Werk als Inspirationsquelle hinterlassen hat. Neben einigen grundsätzlichen Betrachtungen wesentlicher Aspekte von Wagners Bühnenwerken entdeckt der Band solche Spuren nicht nur bei bedeutenden Komponisten wie Antonín Dvořák, Edvard Grieg, Giacomo Puccini, Alban Berg, er zeichnet die Wagner-Rezeption ebenso erhellend auf dem Gebiete der Literatur eines Rainer Maria Rilke oder T. S. Eliot, oder in den Kunst- und Musikszenen ganzer Länder (Norwegen, Schweden, Finnland, Frankreich) nach und belegt damit exemplarisch das Neue, das Wagner in seinem Brief an Liszt dereinst gefordert und erhofft hat.
Reinhard Schäfertöns Livres


Die Entstehung der Fuge läßt sich in der norddeutschen Orgelmusik des 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts besonders gut verdeutlichen. Der Ort für diejenigen musikalischen Techniken, die später unter dem Begriff Fuge zusammengefaßt werden, ist das freie, mehrteilige Praeludium. Für die Gestaltung eines kontrastierenden Mittelteils wächst ihr hier allmählich der Charakter einer Summa zu, die der satztechnischen Vielfalt einen festen strukturellen Rahmen setzt. Diese Bedeutung wird durch die große Rolle, die sie innerhalb der musiktheoretischen Diskussion des Hamburger Zirkels um Johann Adam Reincken spielt, unterstrichen. Im Werk Dietrich Buxtehudes schließlich können unterschiedliche Modelle von Fugen konstatiert werden, wobei der jüngere Typus sowohl auf die späteren Komponisten norddeutscher Orgelmusik als auch auf den jungen Johann Sebastian Bach großen Einfluß ausgeübt hat.